: Ende einer Dienstwagenreise
■ Die vor zwei Jahren gestohlene Dienstlimousine des Polizeipräsidenten Saberschinsky ist in Moskau wieder aufgetaucht - ohne Martinshorn und Radio
Da sage noch mal jemand, in Rußland herrsche nur noch die Mafia der Hehlerbanden. Ganz im Gegenteil verfügt die Moskauer Polizei über eine offenbar gut funktionierende „operative Fahndungsabteilung zur Bekämpfung des Kraftfahrzeugdiebstahls“, deren Erfolge gelegentlich sogar die Berliner Kollegen erfreuen.
In Podolks, einer kleinen Stadt in der Nähe von Moskau, wurden die Moskauer Fahnder Ende April auf einen abgestellten Mercedes aufmerksam. Nicht nur die Tür- und Zündschlösser fehlten, sondern auch das Autoradio. Nach langwieriger Überprüfung der Fahrgestell- und Motornummer konnten die russischen Ordnungshüter ihren Berliner Kollegen nun eine freudige Nachricht überbringen. Bei dem Fundstück handelt es sich um nichts anderes, als den Dienstwagen des Berliner Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky. Auf den früheren Fahrzeughalter wies auf den ersten Blick nichts hin. Denn die neuen Besitzer hatten den Pkw auf zivil getrimmt. Das aufsetzbare Martinshorn und aufwendige Funkanlagen waren ausgebaut und verschwunden. Die Moskauer Polizei ermittelt gegen einen verdächtigen GUS-Bürger wegen seiner möglichen Beteiligung am Diebstahl des Autos.
Vor gut zwei Jahren durchlebte Saberschinskys Chauffeur den Alptraum aller Autofahrer. Ein dringendes Bedürfnis trieb ihn am verkaufsoffenen Sonnabend in ein Steglitzer Kaufhaus, wie Dienstherr Saberschinsky den Berliner Abgeordneten auf Anfrage berichtete. Der verlassene Wagen wartete derweil in der Schloßstraße, ordentlich verschlossen, wie es damals hieß. Ohne die im überfüllten Kaufhaus erhoffte Erleichterung zu finden, kehrte der Fahrer zurück. Mit voller Blase traf er auf den inzwischen leeren Parkplatz. Das 63.000 Mark teure Stück war spurlos verschwunden. Warum die „türkontaktgesteuerte Alarmanlage“ den Dieb nicht abhielt, konnte nicht geklärt werden.
Bei der Polizei hofft man nun, das gute Stück nach einem Werkstattbesuch wieder benutzen zu können. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Rechtshilfeersuchen an die Moskauer Kollegen gerichtet. Ob aber das vermißte Fahrzeug, das in Kürze in Berlin zurückerwartet wird, seine Karriere als Dienstwagen fortsetzen kann, ist noch nicht geklärt. Obwohl die Limousine, wie bei Berliner Behördenfahrzeugen üblich, nicht versichert war, mußte Saberschinsky nicht zu Fuß gehen. Dank eines Ersatzfahrzeuges wurde auch der damals „tief geknickte“ Chauffeur nicht arbeitslos.
Dabei wäre die wirksamste Diebstahlprävention, nach dem Vorbild bündnisgrüner Bezirksbürgermeister den Dienstwagen abzuschaffen und auf die BVG umzusteigen. Gereon Asmuth
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