Jenseits von Mottram Hall: Gelbfieber, das
■ Nach dem Rinderwahn wird England von einer neuen Epidemie bedroht
Gelbfieber ist eine schlimme Sache. Drei bis sechs Tage nach der Infektion kommt es zu hohem Fieber. Schüttelfrost, Kopfschmerzen, starkem Druckschmerz im Oberbauch, quälendem Durstgefühl und zu einem aufgedunsenen Gesicht. Von der kurzen Besserung, die zwischenzeitlich auftritt, sollte man sich nicht täuschen lassen, denn danach folgt das weit gefährlichere Stadium des Gelbfiebers. Schwere Leber- und
Das ist Christoph BIERMANN
Sein Spieler: Trifon Ivanov. Weil er das Gesicht 94–96 ist.
Sein Team: Bulgarien. Weil dort die meisten Spieler des VfL mittun. Und zwar Georgi Donkov, ab August im Ruhrstadion.
Europameister 96: Kroatien. Weil ich immer falsch tippe.
Nierenschäden sowie kaffeesatzartigem, blutigem Erbrechen, das auf den Fachterminus „Vomito negro“ hört, leiten die finale Phase ein. Bald schwinden die Kräfte gänzlich, und zwischen dem sechsten und dem 16. Tag tritt der Tod durch Nierenversagen ein. Also sollte man sich vor Reisen in Regionen, die vom Gelbfieber betroffen sind, auf jeden Fall impfen lassen.
Dazu gehört überraschenderweise auch England. Besonders auf den Grünflächen, die von gut gefüllten Zuschauerrängen umgeben sind, ist die Infektionsgefahr hoch. Überträger sind Personen mittleren Alters, die früher noch „Männer in Schwarz“ genannt wurden, inzwischen diese Farbe aufgegeben haben, ohne ihre Gefährlichkeit allerdings verloren zu haben. Betroffen vom Treiben dieser „Schiedsrichter“ sind die sogenannten „Fußballnationalmannschaften“, die den beginnenden englischen Sommer in diesem Jahr dazu genutzt haben, ihre „Europameisterschaft“ auszutragen. Beim sonst üblichen Umgang, in dem sie dabei normalerweise den Sieger ermitteln, werden sie heuer durch die „Schiedsrichter“ empfindlich gestört. Einige Teilnehmer sehen darin die letale Gefahr, daß „so der Fußball kaputtgeht“ (Matthias Sammer). Waren sie bislang daran gewöhnt, ihrer Tätigkeit mit geringer Rücksicht auf die gesundheitlichen Folgen des Gegenübers nachzugehen, sind sie diesmal mit dem Gelbfieber konfrontiert. Besonders erschütternd ist das für die „Spieler“ der deutschen „Nationalmannschaft“, die sich bewußt „internationale Härte“ angeeignet haben, um nun zu erleben, daß diese nicht erwünscht ist.
Der Gefahr eines Umsichgreifens der Epidemie versucht die sogenannte „FIFA“, eine komplexe Organisation dieser Spezies, zu begegnen, indem sie den Unterorganisationen, bei deren Abgesandten das Gelbfieber mindestens viermal auftrat, zu einer Strafe von „8.000 Franken“ verurteilt. Unter den Betroffenen befand sich auch ein „DFB“. Dessen Gesundheitsbeauftragter Rainer Bonhof warnte eindringlich vor den medizinischen Gefahren eines Umsichgreifens des Gelbfiebers. „Die sind bekloppt, die sind so was von bescheuert“, beschrieb er die Symptome, die das Endstadium der Krankheit markieren.
Das erste Aufflackern des Gelbfiebers wird meist übersehen oder nicht ernstgenommen. Nach dem ersten groben Foul streckt der „Schiedsrichter“ den „Spielern“ nämlich bereits die „gelbe Karte“ entgegen. Das gilt neuerdings auch für das Festhalten am Trikot (vulgo: Textiltest). In der Regel reagieren die betroffenen „Spieler“ auf „gelbe Karten“ sofort mit verminderter Aggressivität, nachlassender Neigung zur Schauspielerei und abnehmender Tendenz zum Meckern. Symptome, die auch in den folgenden Spielen nicht mehr abklingen. So verlieren sie zwischen dem sechsten und 16. Tag des Turniers ihren Stammplatz oder scheiden mit ihrer Mannschaft aus. Leider kann man sich dagegen nicht impfen lassen. Christoph Biermann
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