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■ Tschetschenien: Hartnäckiges Ringen um FriedenMoskauer Winkelzüge

Noch ist das Kriegsbeil nicht begraben und keine Friedenspfeife angezündet. Selbst die könnte vergiftet sein. Denn die Friedensverhandlungen zwischen Russen und Tschetschenen in den letzten Wochen zeigten, wie tief die Gegner einander mißtrauen. Daraus spricht der Argwohn des Kolonialisierten gegenüber dem Kolonialherren, der seinerseits jederzeit auf Meuchelmord gefaßt sein muß. Mehrfach drohten die Gespräche zu scheitern, und doch gelangten beide Seiten am Ende zu einem Resultat. Die Russen verpflichten sich, bis Ende August ihre Truppen abzuziehen, im Gegenzug sicherten die Tschetschenen Demilitarisierung zu. Die Wahlen, die für kommenden Sonntag angesetzt waren, sollen nun im Herbst stattfinden.

Stünden nicht am 16. Juni die russischen Präsidentschaftswahlen ins Haus, wäre dieser Ausgang nicht denkbar gewesen. Der Druck aus dem Kreml hat es möglich gemacht. Jelzin brauchte den versprochenen Frieden – bis zum Tag des zweiten Wahlgangs. Was danach geschieht, steht auf einem anderen Blatt.

Moskau hat unter Zwang gehandelt: Dafür erhält es relative Ruhe bis zum Wahltag. Man könnte es einen taktischen Sieg nennen. Den strategischen indes trugen die Tschetschenen davon. Ihren Forderungen wurde weitestgehend nachgegeben. Vor allem nach Verlegung der Wahlen, die nun unter internationaler Beobachtung stattfinden sollen. Ob sich Moskau dieser Nuance am Sommerende noch entsinnt? Verliererqualitäten waren nie dessen Stärke.

Freie Wahlen würden erneut die Frage nach dem Status der Republik aufwerfen, der bei den Verhandlungen ausgeklammert wurde. Damit ist er nicht vom Tisch. Nach den Greueltaten der Russen zieht es noch weniger Tschetschenen als zuvor unter die schützenden Fittiche der Moskowiter. Moskaus Satrapenregierung unter Führung von Präsident Doku Sawgajew könnte von Glück sagen, wenn das Volk sie in Frieden in die Berge ziehen ließe. Gewöhnlich verfährt kaukasischer Brauch in solchen Fällen drastischer. Sawgajew fühlt sich vom Kreml verkauft. Er hätte es wissen können: Kolonialherren kennen keine Loyalität. Für ihn wäre dieser Frieden das Ende. Die Anschläge auf die tschetschenische Delegation und die OSZE-Vermittler dürften damit etwas zu tun haben. Der Kreml indes ist fein raus. Jetzt ist es wieder ein rein tschetschenischer Streit. Teile und herrsche. Klaus-Helge Donath

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