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Großes im Intimen

■ Das Berliner Duo Rosenstolz spielt heute in Hamburg

Das Duo zählt zu den Lieblingen der Berliner Homoszene: Beide verkörpern in erster Linie Idealtypen des schwulen Alltagskosmos in einer Millionenstadt. Anna R. singt und gibt die beste Freundin auch auf der Bühne ab, ihr Kollege Peter Plate ist 28 Jahre jung und sieht so aus, wie alle Männer aussehen, die auf homosexuellen Hochglanzmagazinen vorwiegend posieren – viril, aber zerbrechlich: Zusammen bilden sie die Gruppe Rosenstolz.

Ihre ersten drei Produktionen haben sie noch sehr independent eingespielt – mit Geigen vor allem, schräg-schön, als ob sie sich wünschten, Buß- & Bettag möge mal auf den Sommeranfang fallen – mit großem musikalischen Getöse und Wortbeiträgen, die abgedreht genug waren, daß sie als originell wahrgenommen wurden.

Daß sie mit ihrer vierten CD Objekt der Begierde nun bei der Polydor landeten, entspricht ihrem Credo: Eigentlich ist das, was sie in der Öffentlichkeit vorstellen, Schlager – und dafür, daß sie diese Musik liebevoll betreut, ist die Polydor nun wirklich seit vier Dezennien berühmt. Einzige Unpäßlichkei auf ihrem weiteren Weg, auch außerhalb der Hauptstadt berühmt zu werden, ist , daß sie dennoch nicht von jenen gehört werden, die Schlager kaufen. Doch das macht nichts, heißt es von Plate und R. tapfer, sie spielen, was ihnen auf dem Herzen liegt.

Und das ist Musik für moderne Großstadtmenschen, die um die Vergeblichkeit großer Träume wissen und deshalb umso inniger die herzige Allüre und kühle Attitüde zugleich pflegen: „Sex im Hotel“ beispielsweise singen sie – und hoffen insgeheim darauf, daß alle Radiostationen sich weigern, just jenen Titel zu spielen. Er handelt davon, wie schön diese Körperertüchtigung gerade auf dieser Durchreisestation gelingen kann. Rosenstolz wird gerade deshalb in Berlin gemocht: Man weiß dort Koketterien zu schätzen. Und Zensur läßt die Kassen klingeln.

Es gibt jedoch außerhalb der Stilisierungen in eigener Sache einige Lieder, die wirklich sehr nah am Wasser gebaut sind, und nahe am echten Schlager: „Weine nicht“ ist triefend vor Sentimentalität und doch hart im Ton; „Der kleine Tod“ erzählt vom Orgasmus; auch „Mephisto“ kündet von der Schwierigkeit der Liebe in bewegten Zeiten: Wer kennt diese Enttäuschung nicht, wenn man endlich den vermögenden Traumprinzen getroffen hat und er sich doch nur als Charaktermüll herausstellt.

Für ihr heutiges Konzert darf man Großes im Intimen erwarten. Nicht mehr, Gott sei Dank auch nicht weniger. Der Hauptstadtgeschmack ist ja nicht prinzipiell falsch.

Jan Feddersen

21 Uhr, Große Freiheit

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