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Frauenforschung mit Eselsohren

Morgen wird das bundesweit einmalige Frauenförderprogramm bilanziert. Wird es das letzte Mal sein nach dem Generalangriff der Mannen vom Rechnungshof auf die „Esel-Förderung“?  ■ Von Ute Scheub

„Arbeit schützt vor Armut nicht, Frauen in der Krise des Sozialstaates“ – unter diesem Motto beginnt morgen um zehn Uhr im Charlottenburger Haus der Kirche die Jahrestagung des „Förderprogramms Frauenforschung“. Trotz des hochaktuellen Themas könnte es die letzte sein: Die Mannen vom Rechnungshof wollen dem bundesweit einmaligen Frauenförderprogramm den Garaus machen. Wenn das Parlament bei den nächsten Haushaltsberatungen mehrheitlich ihren Empfehlungen folgen sollte, dann ist Ende.

Das Förderprogramm sei aufwendig, ineffektiv und grundgesetzwidrig, heißt es im Jahresbericht des Rechnungshofs, der unlängst der Presse vorgestellt wurde. Zentrales Beispiel von Berlins oberstem Rechnungsprüfer, Horst Grysczyk: die Förderung des Forschungsvorhabens „Möglichkeiten und Grenzen des Arbeitseinsatzes von Eseln in kleinbäuerlichen Betrieben unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsgebiete der Frauen am Beispiel zweier Regionen in Marokko“. „Skandal: Esel in Marokko für 200.000 Mark erforscht“, titelte prompt die Morgenpost, „Marokkos Esel ein Fall für Frauenforschung“ die Süddeutsche, „Auf den Esel gekommen“, meldete die Welt.

Horst Grysczyk hatte in Abänderung eines alten Sprichworts den Esel geschlagen und die Frauen gemeint. Im Jahresbericht formulierten die ausschließlich männlichen Autoren des Rechnungshofes eindeutig: „Auch angesichts der Haushaltslage Berlins sollte dieses – nach Angaben des Senats in Deutschland einmalige – Förderprogramm wieder eingestellt werden.“ Begründung: Erstens weise es keine arbeitsmarktpolitischen Effekte auf, zweitens könne Berlin an solch einem Programm keine „erheblichen Interessen“ haben, drittens sei die Frauenförderung „im Hinblick auf Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz höchst bedenklich, da sich auch männliche Akademiker in der gleichen Situation befinden.“

„Höchst bedenklich“ finden umgekehrt Politikerinnen von den Bündnisgrünen, aus der SPD und PDS, daß sich Rechnungsprüfer als höchste Richter gerieren und Frauenförderung als grundgesetzwidrig abqualifizieren. Der Rechnungshof habe hier in vielerlei Hinsicht „seine verfassungsmäßigen Kompetenzen überschritten“, schimpft stellvertretend für viele die Politikprofessorin und frühere SPD-Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller. Erstens schreibe die neue Berliner Verfassung die Förderung von Frauen und von anderen benachteiligten Gruppen explizit vor. Zweitens, wenn man schon das Grundgesetz bemühe, sei dort auch die Forschungsfreiheit festgeschrieben. Rechnungsprüfer hätten nicht darüber zu richten, über was geforscht werde. Drittens sei die Sache mit den Eseln „eine ganz normale Fragestellung“ im Rahmen internationaler Entwicklungspolitik: Wenn Frauen als Trägerinnen von Modernisierung gefördert werden sollten, dann müsse ihre Arbeitsbelastung reduziert werden – per Esel, per Maschine oder per Mann. Und viertens habe der Rechnungshof arbeitsmarktpolitische Ahnungslosigkeit bewiesen, indem er das Programm mit einer AB- Maßnahme verwechselt habe.

Arbeits- und Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD), in deren Haus das Förderprogramm seit sieben Jahren betreut wird, ist ebenfalls stinkig. Mit einem vergleichsweise eher lächerlichen Jahresetat von zuletzt 3,69 Millionen Mark seien inzwischen rund 800 Forschungsvorhaben gefördert, 600 Publikationen veröffentlicht, 50 Dissertationen und einige Habilitationen auf den Weg gebracht worden. Themen wie „Frauen im Nationalsozialismus“ oder „Armut von Frauen in Berlin“ fänden reges öffentliches Interesse. Falsch sei die Behauptung der Rechnungsprüfer, die geförderten Frauen würden auch nach Ablauf der Förderung keine Anstellung finden, ihre „letztlich erforderliche berufliche Umorientierung“ würde durch das Programm „lediglich weiter hinausgezögert“. „Der Anteil der erwerbstätigen Frauen ist nach der Förderung doppelt so hoch“, hat die Senatorin nach Prüfung der Unterlagen in ihrem Haus festgestellt. Besonders den abwicklungsbedrohten Ostberliner Wissenschaftlerinnen habe das Programm „zu einem Neueinstieg in ihren Beruf“ verholfen.

In einem haben die Rechnungsprüfer indes recht: Diese Form von Frauenförderung ist in der Tat bundesweit einmalig. Schon allein deswegen, weil sie den von Karrierebrüchen und Kinderpausen durchsetzten weiblichen Biographien gerecht wird. Die Bewerberinnen, deren Anträge von einem senatsunabhängigen wissenschaftlichen Beirat geprüft werden, unterliegen keiner Altersbeschränkung. Auch brauchen sie keinerlei Empfehlung von irgendeinem gnädigen Herrn Professor oder einem Institut beizulegen. Vielleicht sollten die nächsten Bewerberinnen ja folgendes Forschungsprojekt fördern lassen: „Möglichkeiten und Grenzen von Eseleien in Berliner Rechnungshöfen unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsgebiete von Männern“.

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