piwik no script img

■ QuerspalteKinder, Kuchen, Kanzler

Es gibt nicht viele Themen, über die Glossen zu schreiben der gute Geschmack seit geraumer Zeit verbietet. Nach penibler Überlegung bleibt tatsächlich nur zweierlei, über das man nichts Lustiges, schon gar nichts Launiges schreiben möchte: Kinder und der Kanzler.

Glücklicherweise haben beide kaum je etwas miteinander zu schaffen, wenn man mal davon absieht, daß Kohl wahlweise die Opposition oder Journalisten gönnerhaft und nachsichtig – wie Kinder halt – behandelt, ohne zu vergessen, daß zuweilen eben eine harte Hand vonnöten ist. Das hat Schneid und findet seine Nachahmer, wie man zur Zeit bei Bundestrainer Vogts beobachten kann, dessen majestätische Geduld neulich aber ein Ende hatte, als „Waldi“ Hartmann ihm eine unbotmäßig scheinende Frage stellte, die allerdings gar nicht so gemeint war. Kommunikation ist Glückssache, so faßte der Soziologe Luhmann einmal seine Forschungen auf diesem Gebiet zusammen.

Als gestern der Kanzler das traditionelle Kinderfest cancelte, um es neudeutsch auszudrücken, war nicht der ausbleibende Aufschrei der Enttäuschung im Minderjährigenmilieu das Spektakuläre, sondern die mitgelieferte Erklärung für die Absage. Im Zuge des allgemeinen Sparens passe das Fest nicht in die Landschaft, und – Obacht! – das Heiteitei sei dem Kanzler „viel zu wichtig“, als daß er es in die Kritik geraten lassen wolle. Eine Formulierung, über die nachzudenken sich lohnt. Mit der gleichen Begründung könnte man beispielsweise den Euro kippen: Das Projekt ist zu wichtig, um es in die Kritik geraten zu lassen. Dito der Transrapid, die nächste Kandidatur. Eigentlich alles. Prima.

Aber wahrscheinlich ist alles gelogen, kennt man ja, und das Kinderfest wurde nur deswegen abgesagt, weil es nichts kostet. Ein Karton Negerküsse, drei Dutzend Milchschnitten, ein Faß Limonadensirup, ein Topf fürs Topfschlagen und was denn sonst noch? Wenn was gegrillt werden soll, dann nimmt man den Hausherrn persönlich. Ist ja nur ein Vorschlag. Dietrich zur Nedden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen