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Lehrersolidarität: mangelhaft

■ Weil nur wenige Berliner Lehrer auf Stunden und Gehalt verzichten wollen, werden ihre Kollegen nun arbeitslos

Berlin (taz) — Am letzten Schultag zitterten gestern nicht nur die Berliner Schüler den Zeugnissen entgegen. Auch 1.241 Lehrer, deren Arbeitsverträge mit dem Ende des Schuljahrs auslaufen, hatten bange Stunden. Sie warteten auf das Ergebnis der Teilzeitoffensive der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die endgültigen Zahlen liegen zwar noch nicht vor, dennoch ist klar: da zu viele der festangestellten Lehrer auf ihrem Stundendeputat sitzenblieben, werden nun mehrere hundert Fristvertragler in die Arbeitslosigkeit versetzt.

Seit Freitag hat sich die Zahl der Reduzierungsanträge zwar noch mal verdoppelt, dennoch wurden nur 2.000 Wochenstunden in dem Solidarpool gesammelt. Damit könnten nach GEW-Angaben etwa 200 Pädagogen weiterbeschäftigt werden. Weitere 600 Lehrer können auf die Stellen hoffen, die Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) entgegen ersten Streichplänen noch aus dem Berliner Haushaltsloch rettete.

Erst Ende Mai hatte der Senat der GEW garantiert, daß alle durch freiwillige Teilzeitarbeit freiwerdenden Stunden für die Weiterbeschäftigung der Lehrer mit befristeten Verträgen eingesetzt werden. Wegen des Zeitdrucks habe es organisatorische Probleme gegeben, kritisierte die Sprecherin der GEW, Erdmute Safranski.

In der Lehrerschaft war die Teilzeitoffensive auf große Skepsis gestoßen. Viele befürchteten, daß so die vom Senat beschlossenen Kürzungen im Bildungsbereich akzeptiert würden. Schüler und Eltern mehrerer Berliner Schulen hatten dagegen in den letzten Wochen den Unterricht bestreikt.

Vor allem Ostberliner Lehrer wehrten sich gegen „die Delegierung der Bildungsmisere auf die unterste Stufe“. Auch weil die meisten der von Entlassung bedrohten Kollegen an West-Schulen lehrten, waren in den Ost-Bezirken nur wenige Lehrer für die Solidaraktion zu gewinnen. Dabei hätten die Ost- Pädagogen trotz Abgabe einer Stunde keine Einbußen zu befürchten. Wegen der ab Oktober anstehenden Angleichung an den West-Tarif würden sie sogar monatlich 50 Mark netto mehr verdienen. Leicht fiel die Solidarübung nur Lehrern, in deren persönlichem Umfeld Kollegen von Arbeitslosigkeit bedroht waren. Unter ihnen wird die Enttäuschung um so größer sein, wenn die Kollegen, für die sie ihre Stunden abzugeben hofften, bei der Verteilung des Solidarpools leer ausgehen sollten. Gereon Asmuth

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