piwik no script img

■ Kein Handy. Die Kühe lachen. Was wird Elke sagen?Innerer Staumonolog

...mein Gott, das ist doch hier dreispurig. Wenn's jetzt nur zweispurig wäre, könnt' ich's ja verstehen. Aber dreispurig! Und keine Baustelle, kein Unfall und nix. Und jetzt schon 'ne Dreiviertelstunde keinen Zentimeter weiter. Wieso haben die den Stau eigentlich nicht im Radio angesagt? Die melden doch sonst jeden Mist. „Spielende Kinder auf der A42, entlaufene Kühe auf der A45“. Oder war's andersrum? Entlaufene Kinder? Spielende Kühe? Aber „stundenlang rumstehen auf der A40 zwischen Dortmund und Essen wegen nix und wieder nix“ – das melden sie nicht.

Wenn ich jetzt 'n Handy hätte, dann würd' ich da anrufen. Denen würd' ich was erzählen, den Schafsnasen – aber ich hab' ja kein Handy. Der Spinner da vorn in seinem dicken Benz – der hat eins. Wahrscheinlich erklärt der seit 30 Minuten seiner Sekretärin, daß er später kommt, weil er im Stau steht. Aber vielleicht tut er ja auch bloß so. Macht nur auf wichtig. „Hallo, hallo, alle mal herkucken, ich telefoniere aus dem stehenden Auto heraus. Schaut her: Meine Welt dreht sich weiter.“

Wenn das hier noch lange dauert, krieg' ich Probleme. Ich muß um 12 spätestens... das hab' ich der Elke versprochen – mein Gott, das mit dem Stau glaubt die mir nie. Und Beweise gibt's keine, die sagen's ja noch nicht mal im Radio durch, die Affen.

Neben mir der Ochse bohrt schon seit 20 Minuten in der Nase. Muß verdammt viel drin sein. Oder wenig und er findet's nicht.

Wenn wenigstens mal Polizei käm', dann wüßte man, daß da vorne irgendwo 'n Unfall ist. Aber es kommt keine Polizei. Und ich krieg' gleich 'n Problem mit Elke.

Vielleicht frage ich mal den Typen mit dem Handy, ob der mich telefonieren läßt? Nee, den frag' ich nicht, den Lackaffen. Lieber krieg' ich das Problem mit Elke.

Die blöden Kühe da drüben auf der Weide haben's gut. Stehen da rum, fressen Gras und kucken sich den Stau an. Irgendwann kommen sie in den Stall und werden schön gemolken, und der Tag ist rum. Die machen sich lustig über die Leute im Stau. Kucken sich das sitzende Elend im Blech an, drehen sich nach 'ner Weile weg und erzählen sich Witze, Stauwitze, und dann lachen sie sich kaputt. Und klopfen sich auf die Schenkel. Ob sich Kühe auf die Schenkel klopfen können? Womit denn? Mit dem Schwanz vielleicht. Mit dem Schwanz auf die hinteren Schenkel. Was immer so aussieht, als würden sie die Fliegen verjagen. Das ist in Wirklichkeit Schenkelklopfen über Stauwitze. Vielleicht ist es ja sogar manchmal so, daß, wenn sich die Kühe besonders gute Stauwitze erzählt haben, daß sie dann richtig ausrasten. Und dann laufen sie übermütig auf die Autobahn und dann melden die Idioten im Radio, daß sich entlaufene Kühe auf der Fahrbahn befinden.

So was melden sie. Aber den Stau hier, wo ich drin sitze, den melden sie nicht.

Schon über 'ne Stunde. Und nix passiert. Mit Elke gibt das 'n echtes Problem. Na endlich hat der in seiner Nase was gefunden, Glückwunsch. Ich krieg' hier gleich zuviel. Wenn der Angeber im Benz nicht bald aufhört zu telefonieren, dann geh' ich rüber. Dann hol' ich den raus aus seiner Schaumacherkarre und mach' ihn fertig. Dann haben die Kühe wieder was zu lachen... Fritz Eckenga

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen