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■ SelbsthilfeBig Brother ratlos

Was Sie schon immer über moderne Kommunikationstechnologie und die damit verbundenen Lauschmöglichkeiten wissen wollten – Sie finden es im „kleinen Abhörratgeber“, der jetzt in der Edition ID-Archiv herausgegeben wurde. Ob Telefon, Mailbox, Mobilfunk oder Internet, im Zeitalter der digitalen Übertragungstechniken ist die Überwachung der verschiedenen Kommunikationsstränge leichter geworden.

Oder waren Sie etwa der Meinung, daß Mobiltelefone nicht abgehört werden können und daß sich deshalb Kriminelle damit zu ihren verwerflichen Taten verabreden? Alles falsch: Wenn diese Meldungen je zutrafen, dann in der Vergangenheit. Denn der Gesetzgeber hat den Mobilnetzbetreibern inzwischen per „Fernmelde- Überwachungsverordnung“ auferlegt, entsprechende Überwachungsmöglichkeiten auch in den Mobilfunknetzten zu schaffen.

Auch wenn das Lauschen und das heimliche Kopieren der Kommunikationsinhalte schier uferlos zu sein scheinen – die großen Ohren lassen sich mit geringem technischem Aufwand aussperren. Das Know-how, zum Beispiel wie man Richtmikrofone überlistet oder das „Abhören“ von Computer- Bildschirmen verhindert, liefert der kleine Abhörratgeber.

Mit einer beigelegten Diskette können Sie sich für ihren elektronischen mailtraffic das mittlerweile weit verbreitete Verschlüsselungsprogramm PGP (pretty good privacy) nebst ausführlicher Anleitung (in deutsch!) auf ihren Rechner kopieren. Denn der Austausch der Kommunikation muß frei und unkontrollierbar sein, betonen die subversiven Anti-Abhör-Spezialisten, die vorwiegend aus der niederländischen Hackerszene kommen. Der Umgang mit diesem Programm ist leider dennoch etwas gewöhnungsbedürftig, wie auch der Autor dieser Zeilen feststellen mußte. Sollte es nicht klappen, dann wenden Sie sich an ihren örtlichen Systembetreiber. In den meisten größeren Städten bieten die MailboxbetreiberInnen regelmäßig PGP-Seminare an.

Komplettiert wird der Band durch ein Nachwort von Otto Diederichs, einem Mitherausgeber des Berliner Informationsdienstes „Bürgerrechte & Polizei/Cilip“. Ausführlich geht er darauf ein, daß Bespitzelung und Überwachung in der Regel Angelegenheiten staatlicher Behörden sind, daß dennoch die Technisierung der Gesellschaft es auch Privatpersonen erlaubt, mal eben beim Nachbarn über den Zaun zu gucken. Diederichs referiert die aktuelle Rechtslage beim Abhören von Telefonaten.

Erstmals erschienen ist der kleine Ratgeber 1994 in den Niederlanden. Aktualisiert und um die technischen wie juristischen Gegebenheiten der Bundesrepublik ergänzt hat ihn nun ein „AutorInnenkollektiv mit dem programmatischen Namen „Keine Panik“.

Zwar räumen auch die Verfasser ein, daß die technische Entwicklung weitergeht und nichts, aber auch rein gar nichts als absolut sicher gelten kann. Dennnoch: All jenen, die sich herausnehmen wollen, unzensiert und unbeobachtet vom „Großen Bruder“ zu kommunizieren, sei diese Buch ans Herz gelegt.w. g.

AutorInnenkollektiv Keine Panik (Hrsg.): „Der kleine Abhörratgeber“. Incl. Diskette. Edition ID- Archiv, Postfach 360205, 10972 Berlin, 144 Seiten, 20 DM

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