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Einer der Größten

■ Maurizio Pollini spielte am Mittwoch in der Musikhalle

Wenn er über die Bühne jagt zum Flügel, die Arme am Körper, das Rückgrat etwas schräg, wirkt er verhärmt und gehemmt. Dann aber sitzt er vor den Tasten und legt gleich los: Derselbe Mensch, Maurizio Pollini, holt weit und locker aus mit Herz und Gliedern und spielt Klavier, als wäre die Schwerkraft außer Geltung.

Pollini galt lange als Herr der Strukturen, der kalte Ruf des Kopfhänders begleitete ihn. An diesem Abend in Hamburg spielte er Schumann, Allegro h-Moll op. 8, und bannte die Leute mit weisen Wechseln von Bravour zu Lyrik, ein Mensch bei sich in harter Arbeit, ein leichter und schwerer Träumer. Dann Schumanns C-Dur-Fantasie op. 17, drei Sätze romantischer Sonatenparaphrase. Pollini tat, was er konnte, Schumanns Empfindlichkeit zu erschließen, souverän subjektiv, klassisch noch im Rubato. Selbst die Kontraste in Licht und Dynamik kamen bei aller Deutlichkeit differenziert und leicht.

Nach der Pause lauter Bekannte. Die beiden Nocturnes op. 27, nächtlich zarte Schmerzgesänge der Einsamkeit, linker Hand düster disharmonisiert, sich aufschwingend zu Frohsinn und Triumph und wieder niedersinkend in kraftloses Erinnern. Schließlich die Sonate Nr. 2 b-moll op. 35, die mit dem Trauermarsch, der, Pollini spielte es so, Modell und Ausgangspunkt ist des ganzen Stücks. In allen Sätzen: Nach forschem Beginn das Innehalten, die Besinnung in zauberhafter Grübelei – und immer dieses Grollen, das Warnen der linken Hand. Es gibt keinen größeren Raum als den Schmerz, sagte Neruda. In jener kleinen Melodie des zweiten Trauermarschthemas spricht er sich aus, der Krampf des Trauernden löst sich zu Trost und Ausblick. Der Wirbelwind des Presto dann lindernd, sinn- und siegreich, aber man glaubt es nicht. Mauricio Pollini geht und kommt wieder. Zwei Zugaben. Er ist einer der Größten. Er wirkt so klein. Er verschwindet hinter dem, was er anrichtet in unseren Herzen.

Stefan Siegert

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