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Weiter offen, aber anders

Genutzt, mitgenommen und bald wie neu: Die Begegnungsstätte Haus für Alle kann endlich mit voller Kraft umgebaut werden  ■ Von Ulrike Winkelmann

Vollgekleistert mit Plakaten, die Tür offen, innen eine lichte Bauruine: Das Haus für Alle in der Eimsbütteler Amandastraße wirkt ebenso genutzt wie mitgenommen. Zur Zeit sind allerdings auch Ferien, und nachdem die Behörden sich endlich über die Zuständigkeit geeinigt und Geld haben springen lassen, können dieser Tage die Umbauarbeiten mit voller Kraft losgehen.

Auf fünf Etagen findet in dem Altbau mit den großen Fenstern multi- und interkulturelle Beratung und Begegnung statt; als „Beratungs- und Begegnungsstätte“ ist das Haus für Alle vor zehn Jahren von der Sozialbehörde anerkannt und finanziert worden; im Behörden-Umgangston heißt das Haus „Deutsch-ausländische Begegnungsstätte“. Verschiedene Initiativen und nationale Gruppen haben hier ihren Treffpunkt, vom afghanischen Seniorenverein bis zur Hamburger Frauenwoche (Göttin hab sie selig), vom äthiopischen Kulturverein bis zu den Kriegsdienstgegnern vom DFG-VK.

Bis zum Januar 1997, hofft Franz Scheuerer, Vorstandsmitglied im Verein Haus für Alle e.V. und Inhaber einer der dreieinhalb festen Stellen im Haus, sind die Bauarbeiten beendet, die den Kultur- und Veranstaltungsbetrieb schon seit März brachliegen lassen. Dann jedoch wird selbstredend alles schöner, heiler und offener.

Der ganze zweite Stock soll zur „Weiterbildungsetage“ umgerüstet werden: Der Schwerpunkt wird jetzt auf kombinierte Computer- und Sprachkurse gelegt. „Der jahrelange Betrieb einer Metallwerkstatt hat sich als Fehlkonzept erwiesen“, erklärt Scheuerer. „Holz, Metall, Friseur und so“ habe sich als „Kokolores“ erwiesen: MigrantInnen sollten nicht mehr für die „Hilfsarbeiterschiene, soll heißen, für die Arbeitslosigkeit“ ausgebildet werden, sondern müßten in der „Dienstleistungsmetropole Hamburg“ Schlüsselqualifikationen vermittelt bekommen.

Ins Erdgeschoß zieht nach den Umbauten ein Bistro ein; ähnlich wie etwa in der Altonaer Werkstatt 3 soll durch einen gemischten Veranstaltungsbetrieb das Haus zu einem Stadtteilzentrum werden. Diese Öffnung zum Schanzenviertel hin sei dringend nötig, erläutert Scheuerer. Bislang werde das Haus für Alle allzusehr als „Haus für MigrantInnen“ wahrgenommen.

Auch vom Neubau nebenan erhofft er sich eine Belebung des Hauses. Wo bislang nur ein ausgeschachtetes Loch Beton zu sehen ist, sollen Senioren- und Behindertenwohnungen entstehen sowie allerlei soziale Projekte einziehen. „Dann haben wir rundum ein ganz neues Einzugsgebiet.“

Am Anfang des Haus-für-Alle-Vereins stand 1982 ein Verkehrsunfall in der Fettstraße. Ein türkisches Kind war totgefahren worden. Daraufhin gründete sich eine Initiative, die nicht nur die Verkehrsberuhigung des Bereichs Vereins-/Fett- und Margaretenstraße forderte, sondern sich auch bald um die Beratung der in- und ausländischen Bevölkerung kümmerte, die durch die Sanierung des Quartiers verunsichert war. 1985/86 eroberte sich die mittlerweile zum Verein aufgestiegene Gruppe Raum für Raum das ehemalige städtische Leihhaus in der Amandastraße Nummer 58.

154.000 Mark Miete kostet das Haus im Jahr. Davon zahlt einen großen Teil die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), einen Teil steuern auch die einzelnen Gruppen selbst bei. „Es ist ein Zeichen für die Lebendigkeit des Hauses“, meint Scheuerer, „daß die Gruppen es selbst hinkriegen, Mittel aufzubringen.“ Immerhin 530.000 Mark kommen jährlich von der BAGS für Personalkosten und Sachmittel inklusive Miete.

Seit dem 1. Januar 1995 ist das Haus für Alle ein Modellprojekt der Behörde. Ähnlich wie neuerdings die Uni mit ihrem „Globalhaushalt“ bekommt der Verein einen bestimmten Etat, mit dem er selbständig wirtschaften kann, statt für jeden Bleistift eigens Mittel beantragen zu müssen. Scheuerer sieht diese Veränderung mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Einerseits sei viel an Autonomie gewonnen, andererseits „könnten auf diesem Wege Gehälter ausgehebelt werden“.

Zusammen mit den Honorarkräften hat das Haus 24 MitarbeiterInnen. Der Verein Haus für Alle e.V. hat 230 Mitglieder – natürliche und juristische Personen – und trifft sich zweimal jährlich in der Mitgliederversammlung. Daneben existiert für die Verwaltung des Hauses, in dem auch nicht-vereinszugehörige Gruppen wie etwa die Autonomen Jugendwerkstätten im dritten Stock wohnen, der Hausrat.

Der, so Scheuerer, trifft sich allerdings nur unregelmäßig. „Die Gruppen haben ein starkes Nutzungsverhältnis zum Haus“, umschreibt er mangelndes Engagement der Unter- und anderen MieterInnen. „Wenn's darum geht, sich in die Wanten zu legen, ist tote Hose.“ So sei es noch nicht gelungen, etwas gegen die Aktivitäten der „rechten türkischen Jugendlichen“ zu unternehmen, die „phasenweise, je nach Wetterlage“ die Wände vollschmieren, Mobiliar zerstören und auch einiges mitgehen lassen.

Nach dem Umbau, wenn alles neu und schön ist, sollen deshalb auch Schließsysteme eingerichtet werden, so daß die Räume nicht mehr ständig unbewacht zugängig sind. Natürlich, sagt Scheuerer, soll das Haus auch „weiterhin offen“ sein, aber „anders offen“.

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