Press-Schlag: Retten mit Flossen
■ Die DLRG propagiert eine sportliche Alternative zum Ertrinken: Rescuing
„Schon 60.000 Jugendliche betreiben bei uns Rescuing“, meldet die DLRG in ihrer neuesten Pressemitteilung. Wo die gemeinnützige Lebensrettungsgesellschaft, jetzt mit einer Eisfabrik im Logo, zukünftig genügend zum Untergang Geweihte hernehmen will, verrät sie dabei nicht. Jedenfalls sei „Rescuing, der neue Trendsport in Deutschland“, als „neue Welle nach Deutschland geschwappt“. Die life-savende Livestyle- Woge wird im August anläßlich des „Langnese Rescue Cup“ endlich auch den Ostseestrand bei Warnemünde unterspülen.
„Königsdisziplin ist der Rettungstriathlon“ (Surf Race, Rettungskajak, Rettungsbrett). „Weitere Disziplinen sind Beach Flag, Rettungsstaffeln, Beach Sprint und simulierte Rettungssituationen“. Schon von der letzten WM kam das „deutsche Nationalteam“ mit Gold und Bronze in „Retten mit Flossen“ heim. Und „beim Livesaver's Carnival, den bunten Umzügen, lassen sich alte und junge Retter gern von Strandbesuchern feiern“.
Wohlgemerkt heißt es bei Langnese-DLRG nicht life- safer (Lebensretter), sondern livesaver, weil das Retten von lifes altbacken ist und sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, daß die Live-TV- Termine mit den Ertrinkenden schwer abzustimmen sind. Ohne sie geht's einfach cooler, und es bringt mehr Rescuing- Happy-Hours im TV.
Was der DLRG recht ist, sollte anderen Trendsportarten billig sein. Bungee-Jumper müßten nicht länger ohne Existenzberechtigung auskommen, wenn sie auf Selbstmörderbrücken Dienstleistungen erbrächten durch Ziel-Zongen auf frei fallende Lebensmüde (mit B- Noten fürs saubere Wiederabstellen). Downhill-Mountain- Biker könnten schwangere Sennerinnen zur Klinik ins Tal reiten, und Rafting-Aktivisten sollten sich vor Endmoränen zum Einfangen von ausgespienen Gletscherleichen bereit halten.
Mit dem einfachen Absaufen ist es jetzt, mit Langnese- DLRG, jedenfalls vorbei. Und wer trotzdem zu lang unter Wasser bleibt, weil der Goldmedaillen-Rescuer noch schnell seine Sponsor-Flossen aus dem Auto holen mußte, hätte sich halt rechtzeitig die aktuellen Beach-Termine schicken lassen sollen. Stefan Höhle
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