piwik no script img

Fotografie ist eine Kunst

■ Der Hamburger Fotograf und Service-Pionier F.C. Gundlach wird heute 70 Jahre alt

Er kennt die Fotografie von allen Seiten: in den 50ern und 60ern als Starfotograf für Mode, dann von 1967 bis 1992 als Chef der Hamburger Servicefirma PPS und schließlich als Sammler, Ausstellungsmacher und Lehrer. Heute wird Hamburgs vielseitiger Mentor der Fotografie 70 Jahre: F.C. Gundlach.

Der Jubilar hat in all den Jahren – anders als viele seiner Kollegen – seine Zurückhaltung bewahrt. „Es geht gar nicht um mich – aber wenn wir über die Unterbewertung der Fotografie als Kunst sprechen wollen, dann gerne“, lautete seine zögerliche Einwilligung zum Gesprächstermin. Doch dann, neben einem langen Tisch voller Fotos für sein nächstes Buch über den 80jährigen deutschen Lichtbildner Peter Keetman, unter den letzten Fotoabzügen Andy Warhols und neben einem experimentellen Foto von Robert Rauschenberg, erzählt er von seinem von Bildern bestimmten, langen Leben.

In Hessen geboren, hatte er mit 12 Jahren als erste Kamera eine Agfa-Box und betätigte sich als Hobby-Fotograf. Nach Wehrmachtszeit und Kriegsgefangenschaft besuchte er eine private Fotoschule in Kassel und machte sich 1952 in Stuttgart als Bildreporter selbständig. Zwei Jahre später spezialisierte er sich auf Modefotografie und berichtete regelmäßig aus Paris für Film und Frau, die in Braundruck mit Gold die Welt der 50er Jahre harmonisch verschönte.

1956 zog Gundlach nach Hamburg, eine Stadt, die ihm fortan als Basisstation für seine häufigen und weiten Reisen diente. Eher beiläufig erzählt er von den Neuerungen, die er hier bewirkt hat. Die Farbbildverarbeitung erschien ihm Ende der 60er Jahre in Deutschland so provinziell, daß er sich von Freunden aus London und New York Mitarbeiter auslieh und hier erst das CC-Creative Color-Studio, dann PPS aufbaute, den Professional Photo Service. 1975 kam eine Fotogalerie dazu. Dort stellt er beispielsweise 1981 Robert Mapplethorpe aus und verkauft Prints für heute unglaubliche 350 US-Dollar. Das von Fotopuristen geschätzte Material von AGFA lieferte übrigens PPS an Mapplethorpe und manche New Yorker Kollegen, da AGFA selbst kein Interesse am US-Markt hatte.

Auch wenn er gut verdiente, als Chef interessierte ihn die kaufmännische Seite kaum. „Ich wußte nie, was ein Film kostet, ich wußte, wie er aussehen sollte.“ Deshalb gehörte er im Markt perfekter Farbwiedergabe zu den Pionieren. Doch viele der von ihm geschätzten Techniken gibt es nicht mehr. Die benötigten Materialien werden nicht mehr hergestellt und die digitalisierte Bilderzeugung eilt voran – mit all den Nachteilen für das Foto als Bildobjekt.

F.C. Gundlach hatte entscheidenden Anteil an der Gründung des „Arbeitskreises Photographie Hamburg“, war Anreger der ersten Fotografie-Auktion in Hamburg und hat die in den USA übliche Portfolio-Sichtung der Nachwuchs-Fotografen durch Berufsprofis hier eingeführt. Zur Zeit läuft in der Deichtorhalle die von ihm kuratierte Ausstellung Das Deutsche Auge, die sich gegen eine Unterbewertung des deutschen Bildjournalismus wendet, und die internationale Wanderausstellung Bilderwelten – Modebilder.

„Mode hat etwas Zyklisches“, weiß Gundlach und so überrascht ihn das neue Interesse an den 60er Jahren nicht: zwei Fotos von ihm wurden gerade in England als Cover für CD-Compilationen verwendet, was ihn darin bestätigt, immer eher den Zeitgeist als bloß Klamotten abgebildet zu haben. Für die Zukunft bleibt, die Sammlung und das eigene Archiv aufzuarbeiten und zu Unrecht unbekannte Fotografen zu publizieren. Besonders am Herzen liegt ihm dabei Martin Munkcsi, der in den frühen dreißiger Jahren wie kein anderer Bewegung ins Bild brachte.

Selbst angesichts voller Schubladen hat der Jubilar seine Neugier auf Bilder des Menschen in der Welt nicht verloren. Und vor allem wird F.C. Gundlach immer wieder für seine Wertung der Fotografie als ein Medium im Kontext der Bildenden Kunst streiten.

Hajo Schiff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen