Der Milchmann bringt's: Biomilch frei Haus

■ Ein Allgäuer Milchbauer entdeckt Milchlieferdienste als Marktnische

Koneberg (taz) – Der Stall ist anders als andere Ställe in der Gegend. Es ist ein Laufstall, in dem sich die Kühe frei bewegen können. Gleich nebenan ist der sogenannte Doppelfünfer, ein hochmoderner Melkstand. Biobauer Otto Zech ist fertig mit dem Melken und will gerade erklären, was es mit der Idee der Biomilch frei Haus auf sich hat, da spaziert einfach so eine Kuh daher und lugt neugierig in den Melkstand. Der Laufstall gehört ebenso zum Hofkonzept des Naturlandhofes Zech wie die Freilandhaltung.

In Bayern ist Zech einer von nur acht Bauern, die Vorzugsmilch herstellen. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die zusätzlich zu den fünfzehn oder sechzehn normalen Untersuchungen noch weitgehender untersucht wird. Neunzehn Kontrollen sind monatlich fällig, um den Verbrauchern die größtmögliche Sicherheit für höchste Qualität zu geben. Otto Zech hat sich vor einigen Monaten etwas einfallen lassen, um die Vorzüge seiner Milch auch entsprechend zu vermarkten. Für den enormen Aufwand, den er für seine Milch betreibt, waren ihm die 72 Pfennig pro Liter, die er von der Biomolkerei in Waal bekommt, zu wenig. Das sind zwar rund zwanzig Pfennig mehr, als der konventionelle Milchbauer bekommt, zum Überleben aber immer noch nicht genug.

Also hat er seinen Milchmannservice ins Leben gerufen. „Der Milchmann bringt's“, heißt die Zauberformel, und dahinter verbirgt sich ein neuartiger Liefer- und Zustellservice. In Dreiliter- mehrwegflaschen, die bequem im Kühlschrank Platz finden, wird die Biovorzugsmilch vom Milchmannservice frei Haus geliefert. Eigentlich müßte er ja Milchfrauenservice heißen, da es überwiegend Frauen sind, die das Milchauto steuern und von Montag bis Samstag die Milch ausliefern.

Aber paßt das zu einem Biohof, daß die Milch mit dem Auto ausgefahren wird? „Wir leben nun mal in der Fläche. Nach Kaufbeuren sind es fünfzehn Kilometer. Da brauchen wir ein Auto, und wir haben eines angeschafft, das in Kürze auf Rapsölbetrieb umgestellt werden kann.“ Schließlich sei es auch ökologischer, „unsere Kunden der Reihe nach mit einer ganzen Ladung Milch anzufahren, als jeden in die nächste Stadt zum Milchholen fahren zu lassen“.

165 Kunden hat Otto Zech gewonnen, seit er vor knapp vier Monaten mit seinem Service begann. Ab 200 rechnet sich das Geschäft. Rund 350.000 Liter Milch kommen jährlich auf dem 57-Hektar-Hof mit den 67 Kühen zusammen. 50.000 Liter lieferte Zech seit Ende März bereits aus.

Zwei Mark kostet der Liter Bio- Vorzugsmilch. Die Einliterflasche herkömmlicher Milch liegt auch schon bei 1,60 bis 1,70 Mark. „Die Kunden zahlen gerne dreißig oder vierzig Pfennig mehr, wenn sie dafür Biovorzugsmilch erhalten, die auch noch ins Haus kommt“, sagt der Bauer.

Die Investitionen für die Umstellung auf Biovorzugsmilch und den „Milchmannservice“ waren beachtlich. 80.000 Mark für die Abfüll- und Reinigungsanlage sowie die Kühlung. Dazu nocheinmal 20.000 Mark für das Lieferfahrzeug. Für einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb sind das ganz erhebliche Kosten; Kosten, die sich erst einmal rechnen müssen. Trotzdem ist Biobauer Otto Zech überzeugt: „Als konventioneller Betrieb hätte ich nicht überleben können. Das geht heute nur noch über die Bioschiene.“ Klaus Wittmann