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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenJäger is back

Können Sie sich noch an Herrn Jäger erinnern? Ja, genau – der von der FDP, ehemaliger Wirtschaftssenator. Der soll ja so furchtbar eitel gewesen sein. Nach jeder Buten & Binnen-Sendung schritt er angeblich mit stolz geschwellter Brust durchs Ressorts und quälte seine Untergebenen mit der Frage: „Haben Sie mich gestern im Fernsehen gesehen, war das nicht toll?“

Die Wähler haben ihn schließlich aus der Bürgerschaft geschmissen. War bitter für Jäger. Er fing wieder als Anwalt an. „Herr Jäger, schön, Sie wieder in den Niederungen der Justiz begrüssen zu dürfen“, soll ein Richter ihn empfangen haben. Daß Jäger vor Wut seine Lippen fest aufeinandergepreßt hat, ist ebenfalls überliefert.

Um so mehr hat er sich gefreut, als Radio Bremen ihn in der vergangenen Woche in die Radio-Sendung „Bremen 2000“ eingeladen hat. Im Fallturm sollte er sich mit fünf anderen Gästen über das geplante Zentrum auf dem Lürrsen-Gelände unterhalten. Vegesack war schließlich mal Jägers Wahlkreis. Da muß er doch wissen, was gut ist für den Stadtteil.

Erste Probleme bekam der Senator a.D. allerdings schon, als er mit dem Fahrstuhl nach oben wollte. Er wußte nicht so recht wo's lang geht und vertat sich mit den Knöpfchen. Naja, nicht weiter tragisch. Die Technik wird halt immer komplizierter. Das mußten auch die Radio-Leute erfahren. Die Übertragung vom Fallturm ins Funkhaus klappte nicht. Statt einer heißen Diskussion gingen nur seichte Melodien über den Äther. Während die Techniker schwitzten, kamen die Gäste ins Plaudern. Nur hören konnte sie niemand.

Das war auch besser so für Jäger. In Hemdsärmeln, ohne Jackett und mit Sonnenbrille auf der Nase saß er da und verriet mit jedem Wort, daß er von dem Thema nicht viel wußte: „Was genau soll da noch mal im einzelnen entstehen“, will ein Gast von ihm gefragt worden sein (geplant sind u.a. kleinere Geschäfte und ein Verbrauchermarkt). „Früher war auch mal Hertie dort“, erinnerte sich Jäger plötzlich. (Stimmt. Riesen-Pleite vor knapp zehn Jahren). Jäger lobte aber die „besseren Zeiten“ als „noch vier Millionen Mark Umsatz im Jahr“ in die Kasse des Unternehmens flossen. Die Anwesenden waren entsetzt und sahen betreten zu Boden. (Vier Millionen Mark Umsatz machen sogar schon kleinere Krauter mit 15 VerkäuferInnen. Otto-Normalverbraucher muß das nicht wissen, aber ein Ex-Wirtschaftssenator?)

Die Technik streikte noch immer. Der Moderator entschloß sich, die Sendung um eine Woche zu verschieben. Die Studiogäste nickten. Nur Jäger schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht.“ „Dann müssen wir auf Sie verzichten“, sagte der Moderator prompt. Dabei wollen Beobachter gesehen haben, wie die Erleichterung über sein Antlitz huschte, erzählt jedenfalls

Rosi Roland

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