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Ultimatum an die türkischen Hungerstreikenden

■ Justizminister Kazan droht mit Gewalt, falls die Aktion nicht abgebrochen wird. Doch diese weitet sich offenbar aus. Siebzig Menschen schweben in Lebensgefahr

Istanbul (taz/AFP) – Trotz des siebten Toten unter den politischen Gefangenen in der Türkei denkt Justizminister Sevket Kazan nicht daran, einzulenken. Auf einer Pressekonferenz drohte Kazan gestern nachmittag, dies sei der letzte Aufruf an die Gefangenen, den Hungerstreik abzubrechen. Andernfalls würden Razzien in den Zellen angeordnet. Das könne „40 bis 50 Menschenleben kosten“, sagte Kazan.

Kazan gebärdete sich erneut als Hardliner. Appelle der Gefangenenhilfsorganisation amesty international interessierten ihn nicht. Kazan griff auch türkische „Medienbosse“ an, die versuchten, die Hungerstreikenden als Opfer darzustellen. Kazan wiederholte, daß „terroristische Organisationen“ die Gefängnisse kontrollieren und machte die ehemaligen sozialdemokratischen Minister Mehmet Mogultay und Seyfi Oktay dafür verantwortlich. Er werde einen parlamentarischen Ermittlungsausschuß gegen die Ex-Minister initiieren, sagte Kazan.

Auf Initiative des Gesundheitsministers sind in 48 Provinzen Krisenstäbe eingerichtet worden. Psychologen sollen die politischen Gefangenen davon „überzeugen“, ihre Aktion zu beenden. Unter den über 1.500 Hungerstreikenden sind 314 Gefangene im sogenannten Todesfasten. Sie nehmen kein Wasser, Zucker und Salz zu sich. 70 Menschen schweben in akuter Lebensgefahr. Selbst bei Abbruch des Hungerstreiks sind nach Ansicht von Ärzten Tote zu erwarten.

Der Hungerstreik weitet sich offenbar aus. Mehr als 10.000 Häftlinge der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) schlossen sich nach Angaben des Kurdistan-Informationszentrum in Köln der Aktion an. In einer von dem Zentrum veröffentlichten Erklärung wirft die PKK der Regierung vor, den Widerstand in den Gefängnissen mit Folter, Inhaftierung und Mord zu beantworten. Die kurdische Nachrichtenagentur Dem sprach von 4.000 Gefangenen, die ebenfalls in den Hungerstreik getreten seien.

Das Europaparlament drohte mit einer schrittweisen Einstellung der EU-Finanzhilfen für die Türkei, falls Ankara nicht die Haftbedingungen für politische Gefangene verbessert. Das Bonner Auswärtige Amt bedauerte die Todesopfer und forderte die Türkei auf, alles zu tun, um weitere Todesopfer zu vermeiden. Außenminister Klaus Kinkel sandte eine diplomatische Note an seine Amtskollegin Çiller. oe Seiten 4, 10 und 11

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