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Crazy bis talentlos

■ Die „Große Freitag-Abend-Show“ mit Uwe Woitas im Schmidt-Theater

„Das ist toll! Das ist crazy!“: Moderator Uwe Woitas geizte am Freitag im Schmidt nicht mit ausgefeilten Animierkünsten, um dem amüsierhungrigen Publikum das Spektakel der „Großen Freitag-Abend-Show“ wirklich zu einem solchen werden zu lassen. Seine absurd monologisierende Führung durch den Abend trug auch kräftig dazu bei – im Gegensatz zu Teilen des dargebotenen Programms.

Dabei ging es nett los. Mit blumigen Worten kündigte Woitas einen „Gebäudeimitator“ an, der sowohl Notre Dame als auch „Ich bin zwei Öltanks“ verkörpern könne – nur: „Leider konnte er nicht kommen.“ Dafür gab's einen lustig-ekligen Travestie-Hängetitten-Strip von Olivia Jones, der – wie jede Nummer – mit einem kollektiven „Huuuiii!“ von Entertainer und Publikum eingeläutet wurde.

Die folgenden Schlagerarien der „französischen Nachtigall“ Franca Schweizer drifteten hingegen eher peinlich ins Tragikomische ab, und auch ein krampfig-überflüssiges Interview mit ihr bedeutete keinen „Meilenstein der Heiterkeit“ (anders als Woitas' Hintergrundinformation, Schweizer beschäftige sich „in ihrer Freizeit intensiv mit dem Weizenkleie-Verkauf in der Renaissance“).

Etwas fragwürdig auch der Auftritt der Surprise Dance and Comedy Company, die vor allem mit der Ausgedehntheit ihres semiprolligen GoGo- und Breakdance-Gehüpfes zu überraschen vermochte. Spaßig allerdings ihre hochspackige Dirty Dancing-Interpretation. Auch der lakonische Humor Dietmar Burdinskis und die wohl poetisch zu nennenden Clownerie-Pantomimen von „Mick M. und Natalie“ ließen der zweiten Hälfte hoffnungsfroh entgegenblicken. Die dazwischenliegende Pinkel-Pause verkaufte der kalauernde Conferencier abermals als Pseudoattraktion: „Genießen Sie eine esoterische Nummer aus Indien, am Ende des Ganges“, lud er zum Benutzen der sanitären Einrichtungen ein.

Weiter ging's erneut mit Olivia Jones, die sich diesmal als skurrile, hochschwangere Bohnenstange zu Schlagern wie „Ich möchte schlank sein wie ein Mannequin“ wand. Das war schon irgendwie toll und crazy. Warum aber zwei Langweilerinnen wie die unwitzigen Seventies-Parasiten „Cherry und Berry“ die Chance erhalten, ganze drei Songs lang mit einer schlechten Ami-Liedermacher-Parodie ihr nicht vorhandenes Talent unter Beweis zu stellen, bleibt unklar.

Mit dem Quoten-Balljongleur Andreas Wessels und der Rückkehr der schrecklichen Franca Schweizer („Ja, ich bin wieder da!“) endete dann ein Abend, der dem hauptsächlich mittelalterlichen Publikum in den besten Momenten groteske Gags, in den schlechteren die weniger crazy-tolle Brühe eines „Kessel Buntes“ bescherte. „Große Abendunterhaltung“ – Huuuiii!!

Christian Schuldt

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