: Disziplinierung im Hause DuMont
■ Zuviel Verlagskritik: Der Kölner „Stadtanzeiger“ kündigt einem Redakteur
„Sabotage und bewußte wirtschaftliche Schädigung des Verlages“ wird dem Magazin-Redakteur des Kölner Stadtanzeigers, Hartmut Schergel, seitens seines Chefredakteurs Dieter Jepsen- Föge vorgeworfen. Nach Auskunft der Betriebsratsvorsitzenden Hella Stauff wurde Schergel inzwischen gekündigt, der Betriebsrat hat Widerspruch eingelegt.
Grund: Schergel, seit 25 Jahren beim Stadtanzeiger, hatte den Artikel eines freien Autors veröffentlicht, in dem der die Verquickung des DuMont-Verlags und der Reiseindustrie kritisch hinterfragte. Der Stadtanzeiger gehört wie der Kölner Express und die Mitteldeutsche Zeitung zum Verlagshaus DuMont-Schauberg, in dem auch die DuMont-Reiseführer erscheinen. In dem umstrittenen Artikel war u.a. der DuMont-Verleger Daniel Brücher zur Beteiligung seines Verlags am Studienreiseveranstalter Klingenstein-Reisen zitiert worden: Es sei zwar nicht die Intention von DuMont, nun auch noch Reiseveranstalter zu werden, allerdings beteilige man sich an Klingenstein-Reisen mit finanziellen und vertrieblichen Hilfen.
Der Autor des Artikels folgerte daraus: „daß DuMont von nun an wohl an universell verwertbaren Reisepaketen basteln kann, in die sich künftig die unterschiedlichsten Veranstalter einbuchen können“. Damit „würden sich Bücherschreiber und Reiseindustrie vollends in die Arme fallen, und die Leser hätten endgültig das Nachsehen“.
Alfred Neven DuMont ist nicht nur Verleger und Herausgeber, sondern außerdem Aufsichtsratsvorsitzender des DuMont-Verlags und Präsident der Industrie- und Handelskammer Köln. Eine gewichtige Persönlichkeit. Zu Jahresbeginn hatte sich DuMont über das Verlagswesen hinaus erweitert und die Mehrheit an dem Münchner Studienreiseveranstalter Max A. Klingenstein übernommen.
Kritische Worte über die Nähe des Verlags zur Reiseindustrie im eigenen Haus sind dem Verlag allerdings zuviel. Der Beauftragte des Verlegers, Reinhard Munkes, hält den Fall für „äußerst schwerwiegend“. Er schädige einen renommierten Buchverlag, „der zu uns gehört, so daß wir Konsequenzen ziehen wollen und eine Trennung von Hartmut Schergel anstreben“.
Um solche „Nestbeschmutzungen“ zu vermeiden, erließ Schergels ehemaliger Ressortleiter Ralf Hoppe eindeutige Richtlinien: Artikel, die die politischen und ideellen sowie die ökonomischen Interessen des Hauses DuMont tangieren, müssen der Chefredaktion vorgelegt werden. Das hatte Schergel zwar getan, für Munkes wurde der Artikel nichtsdestotrotz „ins Blatt geschmuggelt“. Sein Vorwurf: „Schergel hat nicht darauf hingewiesen, daß der Artikel geschäftsschädigend ist.“ Edith Kresta
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