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■ NachschlagDie Heile und die Geile: Kabarett von Rosa K. Wirtz aus Köln im Unart

Soviel ist klar: Es gibt die Bibel, und es gibt das feministische Frauenkabarett. Aber was ist der Unterschied? In der Bibel wird aus Schmutz die Welt erschaffen, im feministischen Frauenkabarett wird der Schmutz aus der Welt erschaffen. Applaus! Schön wär's allerdings. Gibt es doch in dem ganzen Schaffensprozeß einen Denkfehler, und der heißt „Eva“ oder eben „die Frau“. Weder die Bibel noch Rosa K. Wirtz in ihrem Programm „Herzdosen“ machen vor ihr halt. Während das Buch der Bücher allerdings einem schwerfälligen und widerwilligen Prozeß folgt, in dem die Frau erst konstruiert wird, ist die Kölner Kabarettistin bei der postfeministischen Dekonstruktion angelangt. Die multiple weibliche Identität ist gefragt, und entsprechend werden die einzelnen Ichs vorgeführt. Als da wären: die Geschiedene und die Gemiedene, die Heile und die Geile, die Getraute und die Geputzfraute, die Jecke und die Kecke. Dargestellt in ihrer jeweiligen Einmaligkeit wird offensichtlich, daß nicht stimmt, was einmal ein Mann in Rosa K. Wirtz' Ohren hauchte: daß die Lehre vom Kosmos der Frau die Kosmetik sei. Sie widerlegt ihn, zeigt sie doch, daß jede einzelne sich ihre Welt immer neu erschafft.

Kalauer im Kabarett sind lange Zeit gerne auf Kosten der „besseren Hälften“ gegangen. Ganz blaugehauen müßten die Schenkel sein, auf die man sich geklopft hat angesichts so viel weiblicher Eitelkeit und Dummheit. Darstellerinnen wie Rosa K. Wirtz tun gut daran, sich in die Riege der Frauenimitatoren einzureihen, denn dieser Weg scheint mit Erfolg gepflastert. Frau Pfleiderer und Frau Häfele sind längst nicht mehr gefragt, sondern die authentische weibliche Käthe aus Köln. Die lebt von Andeutungen, Augenaufschlagen und Unausgesprochenem. Und so wie früher der Vorderbau der Frau zur Zielscheibe wurde, muß der Mann damit rechnen, daß es nunmehr gelegentlich den Unterbau des Oberschlau trifft.

Das K in ihrem Namen steht für „Kölnerin, Könnerin und Komikerin“. Die Spätberufene ist erst seit fünf Jahren im Geschäft, was ihrer Bekanntheit keinen Abbruch tut, tingelt sie doch sowohl durch die Republik als auch durch die Nachmitternachtsshows im Fernsehen. Mit jeder übertriebenen Geste allerdings, die sie weglassen würde, könnte sie näher ins Abendprogramm rutschen. Denn das, was sie sich traut, sprachlich auszulassen, wird durch zuviel Armschlenkern, Kopfneigen, Augenaureißen und Kniewackeln wieder reingeholt. Nichtsdestotrotz: Die derzeit auf Berlinbesuch weilende ehemalige Unart-Chefin Charla Drops hat sich „kaputtgelacht“. Waltraud Schwab

Bis 17.8. Di-Sa, 21 Uhr, Unart, Oranienstraße 163

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