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Scientology gegen Scientologie

■ Die Sekte will Aussteigern die Internet-Adresse verbieten

Die Church of Scientology sucht wieder Streit im Internet: Diesmal hat sie sich die Organisation Freezone vorgenommen, eine kleine Gruppe ehemaliger Scientologen, die die Sekte Anfang der achtziger Jahre verlassen haben. Bereits im Juli hatten die Anwälte von Scientology ein Fax an den amerikanischen Internet-Service-Provider „Lightlink“ (www.lightlink.com) geschickt, auf dessen Server die Homepage von Freezone liegt (www.freezone.org). Sie drohten Homer Wilson Smith, dem Betreiber von Lightlink, mit rechtlichen Konsequenzen, weil Freezone gegen gegen das Urheberrercht verstoße. Denn die Gruppe beziehet sich unter anderem auf ein Buch des deutschen Philosophen Anastasius Nordenholz, der über zehn Jahre vor dem Scientology-Gründer Ron L. Hubbard den Begriff „Scientologie“ eingeführt hat: in der 1934 erschienenen epistemologischen Abhandlung „Scientologie: Wissenschaft von der Beschaffenheit und der Tauglichkeit des Wissens“. „Freezone“ widmet Nordenholz eine eigene Homepage, von der aus einige Kapitel des Buches heruntergeladen werden können. Wegen der „www .scientologie.org“ haben sich die Anwälte von Scientology an „InterNIC“ gewandt, die amerikanische Organisation, bei der man Internet-Domain-Namen anmelden muß. Sie behaupten, die Church of Scientology besitze ein Copyright auf den Begriff „Scientology“ in allen Schreibweisen, und verlangen, daß Lightlink die „Scientologie“- Seite vom Server nimmt.

Ob Internet-Domain-Namen rechtlich geschützt sind, ist unklar. Bernd Lübeck, der deutsche Sysop der Freezone-Gruppe, der die Seiten aus München auf den amerikanischen Server lädt, meint: „Wir haben nie direkt etwas von Scientology bekommen. Offenbar wollen sie vermeiden, in den deutschen Rechtsraum zu kommen, und halten sich deswegen an unseren Provider.“ Die Copyright-Verstöße hält Lübeck fur einen juristischen Vorwand: „Auf unserer Seite gibt es auch Berichte von früheren Mitgliedern, die ausgestiegen sind.“ Auch habe Scientology bereits in der Vergangenheit mit allen möglichen Tricks versucht, die Verbreitung des Nordenholz- Buchs zu verhindern.

Ohnehin befindet sich die Church of Scientology im Dauerkrieg gegen kritische Internet- User. Vorwürfe wegen Verletzung des Copyrights gehören zum Standardrepertoire der Sektenanwälte. Doch Lightlink-Betreiber Homer Wilson Smith hat sich bislang geweigert, die Scientologie-Seite von seinem Server zu nehmen: „Aber wenn mir meine Anwälte dazu raten, werde ich es tun“, schreibt er in einer E-Mail an die taz. Bernd Lübeck hält die rechtlichen Vorwürfe allerdings für unhaltbar: „Wir sehen dem ganz gelassen entgegen.“ Tilman Baumgärtel

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