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■ Zur aktuellen Krise an der innerzypriotischen GrenzeMord ist Mord

Wenn ein Mensch durch die Knüppel türkischer Faschisten vom Typ „Graue Wölfe“ zu Tode kommt, wird ein Tod programmiert. Der Tod zweier griechischer Zyprioten hat den prekären Dauerzustand der geteilten Inselrepublik in Erinnerung gerufen. Aber die beiden Toten sind auch Symptom des wachsenden Nationalismus, der heute auf beiden Seiten der „grünen Linie“ stärker ist als bei der Teilung vor 22 Jahren.

Die hat nicht nur innerzypriotische Gründe. Die Balkankrise und der griechisch-türkische Ägäiskonflikt haben die Spannungen auch im östlichen Mittelmeer verstärkt. Nach einem UN-Bericht hat die Aufrüstung beider Seiten dazu geführt, daß Zypern heute einer der waffenstarrendsten Krisenherde der Erde ist. Das Niemandsland zwischen Norden und Süden ist zu einer akuten Konfrontationslinie zwischen der Türkei und Griechenland geworden. Dazu hat auch die Athener Regierungsentscheidung beigetragen, die 400 Kilometer entfernte Inselrepublik als Teil eines „hellenischen Verteidigungsraums“ zu definieren.

Heute müssen die expansiven Ansprüche, die das türkische Militär in der Ägäis anmeldet, sich immer auch auf Zypern auswirken. In einer neuen Studie der Militärakademie zu Ankara werden an die hundert griechische Inseln und Felsen als türkisches Territorium reklamiert. Man beruft sich dabei auf die Rechte als Erbe des Osmanischen Reiches.

Als osmanischer Ideologe hat der damalige Vizeregierungschef Erbakan 1974 die türkischen Truppen zur Eroberung „unserer grünen Insel Zypern“ aufgefordert. Heute ist er Regierungschef in Ankara; und in Athen fragt man sich besorgt, ob er die Ägäis-Ansprüche seiner Militärs teilt. Die Antwort wird auch die Entwicklung an der zypriotischen Grenze beeinflussen.

An dieser Grenze sind die UN-Blauhelme ein unentbehrlicher Puffer. Das gilt nicht erst, seit es in einer Woche dort zwei Tote gab. Und es gilt solange, wie die politische Lösung einer bizonalen Föderation verhindert wird, die alle vernünftigen Kräfte im Norden wie im Süden befürworten.

Wenn die UNFCYP-Kräfte die Morde nicht verhindern konnten, ist dringend nach den Gründen zu fragen. Die Antwort muß lauten, daß es in Zypern zu wenige und nicht etwa zu viele Blauhelme gibt. Niels Kadritzke

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