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Mit Mut und Können

■ Das Opernstudio bietet einen launigen Rossini-Abend

Allzeit lagen die Deutschen bei Gioacchino Rossini verkehrt: Entweder sie trieben es wie Hegel, der vor Begeisterung über den Italiener allen Ernstes Mozart und Beethoven vergaß; oder sie rümpften die Nase und halten Rossini immer noch für einen besseren Operettenkomponisten. Rossini hat mehr komponiert als den Barbier von Sevilla, in seinen Opern erklingt mehr als ein bunter Reigen beschwingter Melodien (was ja viel wäre). Seine beste Oper, Il Viaggio á Reims, ist immer noch zu entdecken. Jetzt brachte das Internationale Opernstudio der Staatsoper La Cenerentola heraus, die italienische Version der Aschenputtel-Geschichte, Rossinis mindestens zweit- bis drittbesten Wurf.

Es ist die erste von drei Produktionen des Studios, das von der Körber-Stiftung finanziert wird und dem derzeit acht junge Sänger angehören, die sonst am Rand der Inszenierungen im großen Haus Erfahrungen sammeln und hier erstmals solistisch glänzen können.

Gespielt wird in der Opera Stabile, in Kammermusik-Dimensionen, der junge Gabriel Feltz dirigierte auf der Bühne und besorgte die Rezitative am Flügel stehend selber. Das Publikum bekam jeden Schweißtropfen hautnah mit, was die Schauspielkunst der jungen Sänger durchwegs überforderte. Sie hatten ständig rundum zu wirken, ein Problem, das die en détail nicht sehr zu Ende gedacht wirkende Regie Paul Flieders elegant löste. Rossini hat La Cerentola in 24 Tagen der Geliebten seines Impressarios, einer offensichtlich begnadeten Mezzosopranistin, in die Gurgel komponiert. Dagmar Hesse sang die Partie, deren trapezartige Koloraturen freilich den aktuellen Möglichkeiten der Debütantin angepaßt waren, mit Mut und Können. Grit Gnauck und Zdena Furmancokova hatten als verkorkste Schwestern Tisbe und Clorinda wenig Gelegenheit zu brillieren, nutzten sie allerdings auch nicht.

Dem Alidoro Jonathan Barreto-Ramos' blieb viel Grinsen, wenig Singen; sang er, tat er das mit voluminöser, tiefer Stimme, vernachlässigte beim Singen allerdings das Sprechen. Michael Stumpf als Prinz ließ einen angenehm sicheren, in der Höhe etwas metallischen Tenor hören. Sein Buffo-Pendant, Johann Christoph Wendel als Dandini sang mit viel Bariton und Witz in der Kehle. Das kleine Orchester klang wacker und durchsichtig, ließ aber Rossinis Rezitativ-Dramaturgie außer acht, was dem Spannungsbogen doch sehr schadete. Kein Glanzpunkt. Aber ein launiger Rossini-Abend.

Stefan Siegert

Weitere Vorstellungen am 25. und 29. April sowie 5., 14., 16., 18., 20. und 22. Mai

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