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Wahlkampf mit Television statt Vision

Der Parteitag der US-Republikaner endete mit einer gewohnt lahmen Rede des Kandidaten Bob Dole. Die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit war schon vorher erlahmt  ■ Aus San Diego Andrea Böhm

Es dauerte keine vier Tage, da hatten die Republikaner Jack Kemp auf Linie gebracht. Der Fan von „Reaganomics“ mit einem parteiuntypischen Verständnis und Interesse für die Probleme von Schwarzen und Immigranten ließ Mitte der Woche verlauten, er sei nach „reiflicher Überlegung“ nun doch für die Abschaffung von Gleichstellungsprogrammen (affirmative action) sowie verschärfte Sanktionen gegen illegale Einwanderer – darunter ein Bann gegen deren Kinder an öffentlichen Schulen. Vor allem gegen letzteres hatte Kemp 1994 scharf protestiert, als Kalifornien in einer Volksabstimmung entsprechende Maßnahmen verabschiedete.

Die Rechtswende war offensichtlich der Preis, den der 61jährige ehemalige Footballstar und Städtebauminister bezahlen mußte, um als Anwärter für das Amt des Vizepräsidenten an Bob Doles Seite stehen zu dürfen. Als Gegenleitung ist ihm versichert worden, es werde keine Wahlkampfstrategie „auf Kosten der Schwarzen“ geben. Kemps erzwungene Kehrtwendung soll offensichtlich die Chancen der Republikaner in Kalifornien verbessern – dem Staat, in dem es im November die meisten Wahlmännerstimmen zu gewinnen gibt. Bislang liegt Dole hier klar hinter Clinton. Jack Kemp, der in Los Angeles aufgewachsen ist und in San Diego bei den „Chargers“ Football gespielt hat, soll nun mit seinen neugefundenen Einsichten die Aufholjagd beginnen. Im November steht in Kalfornien eine Vorlage zur Abstimmung, die sämtliche affirmative action-Programme abschaffen würde.

Kemps Eingliederung in die Parteilinie paßte ganz zum Motto des republikanischen Parteitages, der am Donnerstag abend mit einer unspektakulären Rede von Bob Dole zu Ende ging. Dole präsentierte eine Liste von Versprechungen – Steuersenkungen, härtere Kriminalitätsbekämpfung, Ausgabensteigerung für das Pentagon – ohne jedoch die „Vision für Amerika“ zu zeichnen, die von Präsidentschaftskandidaten bei dieser Gelegenheit gemeinhin erwartet wird.

Zum ersten Mal in der Geschichte US-amerikanischer Parteitage hatten die Organisatoren eine Veranstaltung inszeniert, die von der ersten bis zur letzten Minute für das Fernsehpublikum geplant war. Jedes Wort, jeder Auftritt war einstudiert. Ins Stolpern geriet allein Jack Kemp, weil der Tele-Prompter zu schnell eingestellt war. Die Show hatte den gewünschten Effekt. Kontroverse Redebeiträge wurden vermieden; die radikalen Positionen, die in der Woche zuvor im Parteiprogramm zu Themen wie Immigration oder Abtreibung verabschiedet worden waren, wurden durch eine sorgsam ausgewählte Rednerliste konterkariert, auf der Frauen und Angehörige von Minderheiten massiv vertreten waren. Sprecher der Partei machten in Interviews keinen Hehl daraus, daß sie mit dieser Inszenierung die Fernsehsender dazu zwingen wollten, auf eigene Wertungen und Analysen weitgehend zu versichten und den Parteitag als viertägigen Wahlwerbespot zu übertragen.

Das Kalkül ging in den ersten Tagen auf. Doch niedrige Einschaltquoten und Proteste von Journalisten machten den Strategen am Ende einen Strich durch die Rechnungen. Die Zuschauer schalteten auf ihre Lieblings-Sitcoms um. Fernsehjournalisten wie Ted Koppel, der das populäre Politmagazin „Nightline“ auf ABC moderiert, reiste nach zwei Tagen wieder ab mit der Begründung, von dieser Veranstaltung gebe es „nichts zu berichten“. Die Chefs der großen Fernsehsender haben angekündigt, für solche Veranstaltungen in Zukunft nicht mehr so viel Sendezeit und Personal zur Verfügung zu stellen.

Die Republikaner erhoffen sich trotzdem einen deutlichen Aufschwung in den Meinungsumfragen. Lag der Vorsprung von Bill Clinton vor dem Parteitag in San Diego bei 20 bis 25 Prozent, so ist Dole jetzt in einer Umfrage auf elf Prozent herangerückt. Traditionsgemäß steigt aber die Sympathie für Präsidentschaftskandidaten immer während der jeweiligen Parteitage, so daß Dole den wettgemachten Boden nach dem Parteitag der Demokraten Ende August in Chicago schnell wieder verlieren kann.

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