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Zehn Gebote auf Schoko Von Thomas Gsella

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“, irrt der Volksmund, denn a priori besser plaudern läßt sich von unterwegs ja nun durchaus nicht mehr; zu immergleich ist die verwaltete Welt längst auch in vordem als zauberisch geltenden Gürteln und Gefilden, zu immergleich grunddösig ist man veritabler Strandsack ja auch selber – aber allemal ist da noch Fremdes, irritierend Wundersames; last not least auf der von Aussteigercrews in den Diskurs geworfenen Isla de Gomera.

Bei uns hat man bekanntlich die „Ja“-Produkte, und acht ungebleichte, aus chlorfreiem Altpapier erzeugte Klorollen sagen einig „Danke“ jedem, dessen Augenpaar für eine Weile sanft auf ihnen ruht.

Ich persönlich und für meinen Teil werde von „Danke“ eher angerührt als vom zwar schlagend affirmativen, aber auch leicht indifferent bis grottenblöd dahermarschierenden „Ja“.

Doch der Kanarenspanier (Guanche): „Buenos dias“, ruft einem das Klopapier hier zu; ein schöner Gruß nicht nur zur morgenmuffelig verknurrten Erstausscheidung! Das allerdings, soweit ich sehe, war's denn auch.

Und das ist schade. Wo bleibt der Zucker namens „Alles Gute“? Wo die tischfertig vorgekochten „Kopf hoch!“-Maccaroni? Wo die Salami mit dem Titel „Nicht morgen, heute ist dein Leben“? Viel wird geschimpft über den Niedergang verbindlicher Moralsysteme, über den Drang haltloser Jugend hin zu dunklen Sekten. Nichts spräche mithin gegen einen Bohneneintopf mit der Botschaft „Täglich eine gute Tat“, nichts gegen einen Quark der Marke „Liebe Deinen Nächsten“ oder eine Zahnpasta mit Namen „Na, gut geschlafen?“

„Ja“, „danke“, es geht so. Auf Teneriffa liegt der kleine Hafenort Los Christianos, und in dessen Zentrum wiederum, gerade neben dem „Tourist-Info“, räumt die von einer tiptop deutschsprechenden Guanchen-Family gemanagte „Playa Bar“ ab. Aber nun: In dieser Bar spaziert ein Mann auf und nieder und verteilt an die Gäste skatkartengroße Zettel, auf deren linker Hälfte etwa 30 einzelne Hände in einer Befindlichkeit zu sehen sind, die ich als mehr oder minder verrenkt bezeichnen muß.

Schon dies kein Sproß der Ereignisretorte. Rechts daneben steht aber in zehn Sprachen „Handzeichenalphabet für Taubstumme. Helfen Sie uns!“ Und kaum hat man dies alles erblickt und eingeordnet, ist der Mann auch schon wieder weg.

Nun sitzt man da, suchend wie vergeblich schweift der Blick nach Taubstummen, verstohlen guckt man auf die Karte, zumindest einen „Guten Tag“ sich mal für alle Fälle draufzuschaffen, die Finger legen los, rings um einen herrschen 32 Grad; eine weitgehend zwielichtige Situation. Genau in diesem Stadium aber kommt der Mann zurück und zieht die meisten Karten überraschend wieder ein. Nur wer ihm allerlei Peseten gibt, darf die seine behalten.

Auch ich durfte meine behalten und muß von daher harscheste Kritik an Skandinavien üben. In Schweden, Dänemark und Norwegen nennt man Taubstumme wie? Man nennt sie „Doofstumme“ und dreht so einen Hahn auf, aus dem der Stoff für krumme Witze nur so sprudelt!

Hier sollte Brüssel korrigierend tätig werden.

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