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Vier Stunden gewaltfreie Intifada

Jassir Arafats Aufruf zu einem Generalstreik wurde weitgehend befolgt. Israels Opposition fürchtet jedoch, daß der Protest der Palästinenser nicht lange friedlich bleiben wird  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Für vier Stunden sah es aus wie zu Zeiten der Intifada: So lange blieben gestern in Ost-Jerusalem, im Westjordanland und im Gaza- Streifen die meisten Geschäfte geschlossen. Zu dem Generalstreik hatte der Chef der palästinensischen Autonomieverwaltung, Jassir Arafat, am Vortag aufgerufen – aus Protest gegen die israelische Blockade weiterer Verhandlungen über die palästinensische Autonomie und die Siedlungspolitik der Regierung Benjamin Netanjahus.

Die verstand die Botschaft. Der Streik sei als „Warnung“ gemeint und sollte Netanjahu veranlassen, nun endlich mit Arafat zusammenzukommen, hieß es gestern aus Regierungskreisen. Arafats Streikaufruf sei jedoch der Versuch, von der wachsenden Kritik abzulenken, der der PLO-Chef aus der palästinensischen Bevölkerung ausgesetzt sei.

Arafat selbst soll dem israelischen Außenminister David Levy am Mittwoch in eine langen Telefongespräch versprochen haben, unkontrollierbare Entwicklungen unter den Palästinensern zu verhindern und die Verhandlungen mit Israel fortzusetzen. Letzteres steht allerdings im Widerspruch zu einem Beschluß des palästinensischen Nationalrats vom Mittwoch, der einen zu mindest zeitweiligen Abbruch der Verhandlungen fordert.

Palästinensische Vertreter betonen den friedlichen Charakter des gegenwärtigen Protests. Der Fatah-Chef im Westjordanland, Marwan Barghuti, erklärte: „Das ist kein Anfang einer neuen Intifada!“ Andere palästinensische Sprecher warnen jedoch, der Widerstandskampf könne wiederaufgenommen werden, falls Israel seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Palästinensern nicht nachkomme.

Zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischem Militär könnte es schon heute kommen. Arafat hat die Palästinenser im Westjordanland aufgefordert, das Freitagsgebet demonstrativ in der Ost-Jerusalemer Al- Aksa-Moschee zu verrichten. Das israelische Militär hat den Befehl, dies zu verhindern.

Die israelische Regierung trägt nicht gerade zur Entspannung der Situation bei. Gestern machte sie bekannt, daß im Westjordanland 2.000 Wohnunen für den Einzug von Siedlern freigegeben werden. Der US-Botschafter in Tel Aviv, Martin Indyk, warnte unterdessen, daß die katastrophale Lage der Palästinenser leicht zu einer „Implosion oder Explosion“ führen könne. Ähnliche Prognosen stellen israelische Sicherheitsbehörden. Sie rufen zur Wachsamkeit vor möglichen Terroranschläge radikaler palästinenischer Gruppen auf.

Der israelische Friedensaktivist Uri Avneri hält die gewaltlosen Proteste der Palästinenser für „das bare Minimum, das angesichts des aufgespeicherten Zorns bei der palästinensischen Bevölkerung möglich ist“. Die Alternative wären „unkontrollierbare Gewalt und Terrorakte“. Jossi Sarid von dem oppositionellen Linksbündnis Merez warnte die Regierung, „nicht mit dem Feuer zu spielen“. Sollte sich Netanjahu weiterhin weigern, den Palästinensern vertraglich zugesicherte Zugestänisse zu machen, seien „tragische Entwicklungen möglich“.

Die israelische Arbeitspartei warnt die Palästinenser vor „extremistischen Ausschreitungen“, kritisiert jedoch zugleich Netanjahus „unverantwortliche Politik“. Der ehemalige Minister Efraim Sneh meinte, ein Zusammenstoß mit den Palästinensern könne noch verhindert werden, wenn Netanjahu bereit sei, mit den Palästinensern kontinuierlich zu verhandeln und ihnen das Gefühl zu geben, daß sie ein „faires Abkommen“ erwarten könnten.

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