: Hamburg, Kulturstadt für Frauen
■ Heute 6. Folge: Rose Killinger vom Frauenbildungszentrum Denk(t)räume über die geschlechtsspezifische Diskriminierung zwischen den Rotstift-Zeilen der Kulturbehörde
Mit dem Motto „Hamburg hat einen Etat für Frauenkultur“ warb die Kulturbehörde noch 1995. Mit einem schicken, ansprechenden Werbeträger wurden Frauen dazu aufgefordert, die Gelder aus dem Frauenetat der Kulturbehörde zu beantragen. Mit diesen Geldern werden seit 1983 speziell kulturelle Aktivitäten von Frauen gefördert.
Dieser flexible Teil des Frauenetats fiel dem Haushaltsstopp zum Opfer. Hier gibt es keine, die empört reagiert. Kunst, die nicht produziert wird, provoziert nicht. Klammheimlich wird Frauen ihre Stimme genommen. Gerade diesen Bereich des Etats zu streichen bedeutet, eine kulturelle Mitwirkung von Frauen an der Veränderung eines eingefahrenen Geschlechterverständnisses zu verhindern.
Parallel zu diesen Einzelaktionen werden aus diesem Etat das Frauenkulturhaus in Harburg und das Frauenmusikzentrum gefördert. Die Förderung der beiden Frauenprojekte wird fortgeschrieben. Das heißt, die unweigerlichen Personal- und Betriebskostensteigerungen können nicht aufgefangen werden. So kommt die Mieterhöhung um 1000 Mark, die das Frauenkulturhaus in Harburg zu tragen hat, einer Kürzung des Kulturetats um 12.000 Mark im Jahr gleich. Das ist eine indirekte Einsparung, die angesichts der allgemeinen Sparwelle nicht wahrgenommen wird. Gerade kleine Projekte brauchen eine Absicherung ihrer Räume. Sie sind stark vom unbezahlten Engagement abhängig, das eine Infrastruktur braucht. Wo keine Räume sind, können sich auch keine Frauen treffen. Welche Bedeutung gibt die Stadt Hamburg einer Kultur, die sich gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung wendet? Nicht nur, daß Frauen in der etablierten Kulturszene unterrepräsentiert sind, sondern daß sie kein anerkanntes Recht auf künstlerische Entwicklung haben, wird durch die spärliche Finanzierung überdeutlich. Der Vergleich des Etats der Stadtteilkulturzentren von 8.174 Millionen Mark zu 450.000 Mark für Frauenkultur ist sicher nicht angebracht, da gerade viele Stadtteilkulturzentren die Vernetzung und Kooperation suchen. Trotzdem sprechen die Zahlen für sich. Das Senatsamt für die Gleichstellung hat sich zu dieser einseitigen Sparpolitik nicht geäußert. Nicht einmal die Streichungen, die beim Senatsamt für die Gleichstellung vorgenommen werden, werden öffentlich kritisiert.
Es wird davon ausgegangen, daß allgemeines Sparen alle gleichermaßen trifft. Dabei ist diese Politik einseitig, weil sie Töpfe „einfriert“, die noch nicht einmal ausreichend waren.
Selbst eine Beibehaltung bestehender Verhältnisse kommt einer Streichung gleich, weil Frauen in gemischten Strukturen eben nicht die gleichen Vor- und Nachteile wie Männer erfahren. So sind z. B. bei dem Förderschwerpunkt „Kunst im öffentlichen Raum“ 1994 nur 27 Prozent der Fördersumme auf Künstlerinnen gefallen. Dabei müssen sie immer noch bereit sein, auch für weniger Gage als ihre männlichen Kollegen zu arbeiten. Honorarverträge und nicht abgesicherte Arbeitsverhältnisse sind die Folge einer Förderung von Einzelaktionen anstatt einer kontinuierlichen und dauerhaften Absicherung. Dies war von Anfang an mit dem Motto „Hamburg hat einen Etat für Frauenkultur“ verbunden. Die besondere Förderung von Einzelaktionen bedeutet nämlich: Zeitverträge, unbezahlte Verwaltungsarbeit (gefördert wurde nämlich nur die Kunstproduktion) und ungesicherte Zukunftsplanung. Und genau dieser Bereich wurde im Haushaltsjahr 96 komplett gestrichen.
Die Argumentation der Behörde, daß zunächst da gespart wird, wo nicht direkt Arbeitsplätze betroffen sind, ist ein Hohn. Denn wo schon immer die Forderungen nach gesicherten Arbeitsverhältnissen und Förderungszusagen nicht erfüllt wurden, kann auch keine Sicherheit genommen werden.
Solange noch Gelder für Rathausrenovierung und Elbvertiefung vorhanden sind, ist eine Kürzung des sowieso zu kleinen Frauenkulturetats ein Zeichen für politische Prioritäten. Der Hamburger Senat hat nichts übrig für eine Geschlechterpolitik, die Frauen das Recht auf ihren Anteil einräumt. Die Kürzung und Fortschreibung einer (Unter-)Förderung läßt Frauen wieder einmal verschwinden.
Diese Senatspolitik wirkt sich nicht nur bei den Entscheidungen über Kürzungen durch die Kulturbehörde aus, auch die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung beteiligt sich an der Streichung von Frauenkultur. Dabei fallen Aktivitäten wie die noch 1995 mit 30.000 Mark geförderte Frauenwoche in das Sparloch. Daß sich keine „ehrenamtlich arbeitende“ Vorbereitungsgruppe für die ehemals mit 80.000 DM geförderte Frauenwoche mehr finden wollte, wird dann leicht als Begründung für die völlige Streichung der Gelder in den Vordergrund gerückt. Dieses Geld hätte ebensogut in die Förderung anderer frauenrelevanter Bereiche münden können.
Dieselbe Behörde zeigt, wie groß ihr Interesse an der Förderung von Frauenbildung wirklich ist, indem sie auch das seit 13 Jahren mit viel Engagement aufgebaute Frauenbildungszentrum Denk(t)räume „gesund“ schrumpfen läßt und somit in seinem Zentrumscharakter bedroht. Für 1997 wurde eine Kürzung um 80.000 Mark angekündigt. Das sind 30 Prozent der Fördersumme und somit eine gravierende Änderung. Dadurch ist gerade das besondere eines Zusammenhangs von kultureller und politischer Bildung gefährdet. Im Zuge der Verwaltungsreform wird nur noch gefördert, was evaluiert werden kann.
Sparkonzepte, die sich an marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren, müssen zwangsläufig „unproduktive“ und ungeplante Aktivitäten wegrationalisieren. Dabei wird übersehen, daß gerade solche Aktivitäten zukunftsweisend sind. Bildungsprozesse sind nicht in Zahlen zu fassen. Die Atmosphäre eines offenen Zentrums ist nicht durch ein durchgeplantes Kursprogramm ersetzbar. Hier werden Strukturen zerstört und nicht nur einzelne Aktivitäten weg-rationalisiert.Solche Kürzungen sind nicht zukunftsorientiert und schon gar nicht langfristig gedacht, sondern politisch gewollt als Einschränkung der Weiterentwicklung einer eigenständigen Frauenkultur.
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