: Schulen radikal gegen Rassismus und Gewalt
■ 15 Schulen haben sich einer Initiative gegen Diskriminierung angeschlossen
Berlin (taz) – „Unser Schulhof ist bestimmt keine gewaltfreie Zone“, meint Jutta Hosse, „immer wieder gibt's da Fetzereien.“ Jutta Hosse ist Vertrauenslehrerin an der Hauptschule am Dahlbusch in Gelsenkirchen. Dort beträgt der Anteil der ausländischen Kinder 50 Prozent. Bei Auseinandersetzungen spielt die Nationalität der Kontrahenten allerdings kaum eine Rolle, meint Jutta Hosse. „Unsere Schüler sind halt eher in der Lage, sich mit den Fäusten auseinanderzusetzen als mit Worten.“ Allem üblichen Zoff zum Trotz setzen sich die HauptschülerInnen am Dahlbusch dennoch aktiv gegen Rassismus zur Wehr: In Zusammenarbeit mit dem WDR produzierten sie einen Film gegen Ausländerfeindlichkeit; die 7. und die 10. Klasse übernahmen eine Patenschaft für ein Wohnhaus gegenüber der Schule, in dem libanesische Familien leben. Seit März diesen Jahres prangt an der Eingangspforte der Hauptschule ein neues Schild mit der Aufschrift: „Schule ohne Rassismus“. „Das heißt noch lange nicht, daß es hier keinen Rassismus gibt“, erklärt Hosse, „es ist ein Zeichen dafür, daß das Problem bei uns von allen erkannt wurde, und daß sich alle bemühen, etwas dagegen zu tun.“
Bundesweit können sich derzeit 15 Schulen mit dem Titel „Schule ohne Rassismus“ schmücken, zwölf davon in Nordrhein-Westfalen. Hier begann das von dem Bonner Verein „Aktion Courage“ initiierte Projekt vor einem Jahr. Die Idee kam aus Belgien. SchülerInnen gründeten nach Wahlerfolgen rechtsextremer Parteien schon 1988 ein entsprechendes Projekt. Die Voraussetzung für den Titel ist: 70 Prozent aller SchülerInnen, LehrerInnen, HausmeisterInnen und Verwaltungsangestellten an einer Schule müssen sich in einer Abstimmung dafür aussprechen, daß sie keine Diskriminierung von Minderheiten im Schulalltag mehr zulassen. Mindestens zweimal pro Jahr soll sich dies auch in entsprechenden Aktionen zeigen.
LehrerInnen sind zunächst oft skeptisch, meint Ralf-Erik Posselt vom Verein „Aktion Courage“. Eine Schulrektorin schrieb ihm, daß Lehrer „Aktion Courage“ für eine Untergrundorganisation hielten, die Schüler „radikal“ beeinflussen wolle. Daß das Projekt radikal sein will, bestreitet Posselt nicht: „Immerhin geht es um die Auseinandersetzung mit den Wurzeln von Gewalt, Intoleranz und Rassismus.“ Kathrin Lohmann
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