■ Kommentar: Zu allem bereit
Heinz Weisener hat einen Traum. Er möchte, daß der FC St. Pauli als etablierter Verein in der Bundesliga spielt, sportlich wie finanziell proper, und in einer eigenen modernen Arena. Soweit die rosige Zukunft.
Die Gegenwart sieht anders aus: Das Stadion am Millerntor ist eine geldverschlingende Bruchbude und die Mannschaft nicht erstligatauglich. Besserung ist nicht in Sicht. Die notwendigen Millionen für wirklich gute Kicker will und vermutlich kann der 68jährige nicht mehr lockermachen, der Bezirk sperrt sich beim Stadionausbau. Der Abstieg droht erneut.
In der größten Krise seit dem Wiederaufstieg 1995 erklärt Papa Heinz, er wolle weitermachen. Noch einmal will sich der Workaholic zwei Jahre Dauerstreß zumuten, kaum daß er seine schwere Krankheit überwunden hat. Eine freiwillige Entscheidung ist es nicht und auch keine, die alleine mit Verantwortungsbewußtsein zu erklären wäre. Nein, es ist die pure Verzweiflung: Weisener glaubt, so handeln zu müssen.
„Wenn ich es nicht tue, macht es keiner“, scheint für den Granden zur zwanghaften Gewißheit geworden zu sein – nicht ohne Grund. Der geschäftsführende Vizepräsident Christian Hinzpeter, von Weisener schon vor langer Zeit als Nachfolger auserkoren, will sich „beruflich verändern“. Und Trainer Uli Maslo probte vergangene Woche den Aufstand. Auf solche Leute kann sich Weisener nicht verlassen, der es versäumte, rechtzeitig die Erbfolge zu klären. Andere, die sich trauten, gibt es nicht.
Für seine Träume muß man Opfer bringen. Heinz Weisener scheint zu allem bereit, um sich seinen Traum zu erfüllen.
Clemens Gerlach
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