■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Geld in die Hand nehmen
Bedröppelt stand Ihre gute alte Rosi mit einem Häuflein Leidensgefährten am 31. August vor dem Portal des Doms und raufte sich die Haare: Kein Reinkommen! Der Dom war voll. Das Gotteshaus ausverkauft! Draußen die Armen und Zuspätgekommenen, drinnen der Bundespräsident, seine Frau in Blau, der unwahrscheinlich berühmte Dirigent Harnoncourt, die Reichen und Schönen der Stadt bei Mozart und Schubert. Die Glücklichen!
Aber auch drinnen litt einer, das war der Wirtschaftssenator. Er litt an der Ungerechtigkeit der Welt. Er sollte doch tatsächlich für seine zwei reservierten Eintrittskarten 200 Mark latzen! Das ihm, dem Wirtschaftssenator! Hartmut Perschau knüpfte sich den Leiter des Musikfestes, Professor Thomas Albert, vor: „So viel tat ich für dein Musikfest. Millionen gab ich dir, zum Wohle des Musikfestes und Frommen der Wirtschaft. Da habe ich doch wohl Anspruch auf zwei Ehrenkarten!“ Wie der Bundespräsident, seine Bodyguards und Bürgermeister Scherf. Und der Albert hatte ein Einsehen und sprach: „Selbstverständlich komme ich einem Mann wie dir entgegen, ganz neu in Bremen und schon an der Spitze der Kulturförderung!“ Und so geschah es.
Ja der Perschau! Kosten sparen wo es geht! Ansprüche anmelden, wo es muß. Gott sei Dank ist man hier in Bremen nicht so kleinlich wie die Zonis in Sachsen-Anhalt, wo man ihn als „Raffke“ schmähte, bloß weil er seinen Anspruch auf eine ordentliche Buschprämie durchsetzen wollte. „Da muß man erst mal Geld in die Hand nehmen,“ ist Perschaus allerliebste Lieblingswendung. Geld in die Hand nehmen und nicht mehr loslassen – das ist doch mal ein sparsamer Wirtschaftssenator!
Einer muß das Gehampel um Perschaus teure Tickets mitgekriegt haben: der lange Henning. Der schaltete blitzschnell und rief, seine Ehrenkarten schwenkend: „Gratis Ehrenkarten für den Bürgermeister, und der gemeine Mann zahlt 100 Mark? Niemals!“ Gesagt, bezahlt, und dann mußte man nur noch zusehen, daß es auch ja am nächsten Tag in der Zeitung stand. Das ist doch mal ein ehrenwerter Bürgermeister!
Eine schändliche Lüge ist natürlich, was über Elisabeth Motschmann verbreitet wird. Auch Thomas Albert kann sich gar nicht mehr erinnern. Ist ja auch extrem unvorstellbar, daß sich unsere christliche Elisabeth vor Professor Albert aufbaut und Freikarten fordert. Noch unvorstellbarer, ja unsäglich klingt das angebliche Argument: „Ich als Sprecherin der Kulturdeputation darf doch wohl erwarten, daß ...“ Nein, das will Rosi gar nicht glauben, zumal sie von Thomas Albert des Satz gehört hat: „Wir fahren hier eine knallharte Linie mit der Vergabe der Freikarten.“ Und das hat am eigenen Leibe erlebt und bestätigt
Ihre Rosi Roland
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