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Haltungsaristokrat mit Scharmützel-Band

■ Westwerk: Bei „Mutter“ traf dicke Luft auf viel Gefühl und die Polizei

Nach der „schönen“ Platte mit dem Titel Hauptsache Musik kehrte die Berliner Groß-Rockband Mutter mit Nazionali zu dem nüchternschrecktragiktiefen Klang der vorangegangenen Platten zurück. Am Freitag abend brachten Mutter bei ihrem Auftritt im Westwerk damit eine Zeitlang „das Haus herunter“, wie der Engländer es sagen würde.

Den Klang dieser Gruppe darf man sich als angenehme, pralle Skulptur vorstellen, etwa als Klumpen aus Politik und Liebe. Und es ist der Sänger und sein Song, welche etwa die Zeilen über „Die neue Zeit“ glaubhaft klingen lassen. Denn Max Mueller ist in den meisten Bedeutungen des Wortes ein Haltungs-Aristokrat, seine Gruppe eine freundliche Scharmützel-Band. Auf der Bühne ging es folglich dramatisch zu, dicke Luft traf auf viel Gefühl. Auch wenn sich die Musiker nicht immer sehr auffällig bewegten, war es – wie es bei nicht allzuvielen anderen Gruppen gelingt – bald ersichtlich: Hier geht es um etwas.

Hauptsache Musik ist nonchalant und eine Untertreibung. Das führt dann dazu, daß man sich mitten im Konzert ziemlich angestachelt oder doch recht alleine fühlt – oder näher bei Leuten, die man jetzt, obwohl schon länger bekannt, kaum wiedererkennt.

Eine kritische Bemerkung zu der Berliner Band könnte so beginnen: Vielleicht ist Mutter die einzige Gruppe in Deutschland, die bei einem Theaterstück mitwirken könnte, ohne bloß den angestrengten Modernisierungswillen eines Intendanten zu demonstrieren. Manchmal läge das so klar auf der Hand wie Theaterrequisiten auf einer Bühne bei einem Mutter-Konzert.

Mit Theater hatte es jedenfalls zu tun, als sich zwei Polizisten als Requisiten vor der Bühne aufstellten und die Musiker zum Aufhören zwangen.

Kristof Schreuf

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