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Ärmlichstes Zweitliganiveau

■ Werder gurkt mit viel Glück in die zweite DFB-Pokal-Runde / 2:1 beim VfB Oldenburg

Wenn der junge Herr Goch mit dem weißen Leibchen mit der Nummer 11 kurz nach halb sieben, es begann schon zu dämmern ... wenn also der junge Herr Goch nicht gar so hudelig im Kopf gewesen wäre, als er mutterseelenallein auf den aus seinem Tor stürmenden Herrn Reck zurannte – dann, ja dann hätte er den Ball cool an Herrn Reck vorbeigefüßelt. Und Herr Goch wäre der Held von Oldenburg gewesen. Denn dann hätte die erste Herren-Fußballmannschaft des heimischen Vereins für Ballspiele, deren Position im unteren Fünftel der Zweitligatabelle durchaus die Spielstärke wiederspiegelt, gegen den großen Sportverein Werder mit 2:0 Toren geführt und das Spiel in der zweiten Pokalrunde des Deutschen Fußballbundes ziemlich sicher gewonnen. Eine Sensation. Nur: Der junge Herr Goch war verhudelt im Kopf, der junge Herr Goch fand keinen Weg vorbei am herausstürzenden Herrn Reck, der zum geschossenen Ball zuckte und ihm so einen Drall am Tor vorbei gab. Die größeren Teile der Zuschauerschaft und die Männer in den weißen Leibchen sackten in sich zusammen.

Das sind die magischen Momente in einem Fußballspiel. Die einen, nämlich die Werderaner, kriegen gegen die nominell wesentlich schlechtere Truppe nichts, aber auch nichts zustande. Die anderen, die Oldenburger, rennen und grätschen, als ob es um ihr Leben ging, erkämpfen sich dickste Chancen – bloß das Tor treffen sie nicht. Und je nachhaltiger sie das Tor nicht treffen, desto mutloser werden sie. Und wenn sie das Tor nicht treffen, obwohl da nur noch der Torwart drinsteht, dann brechen sie zusammen. So war's am Dienstag nachmittag in Oldenburg, in der 66. Spielminute, als Herr Goch so grauslig scheiterte.

Solche Szenen, jede FußballerIn weiß das, rächen sich. So also schossen die Bremer Spieler Brand und Labbadia noch je ein Tor, Werder gewann 2:1, ist eine Runde weiter – und die armen Menschen, die sich die grausamen 90 Minuten in Oldenburg angertan haben, üben sich am besten im Vergessen. Das war ein Spiel auf ärmlichstem Zweitliganiveau. Was man dem ärmlichen Zweitligisten nicht vorwerfen darf, dafür aber den Bremern. Wenn selbst Dieter Eilts Fehler um Fehler macht, wenn sich Michael Schulz in Traumpässen ins Nirwana übt, wenn Andreas Herzog pomadig am Spiel vorbeiläuft, wenn Hany Ramzy völlig unbedrängt einen Rückzieher am eigenen Strafraum macht, der auch prompt beim Gegner landet, wenn überhaupt kaum ein Zweikampf, kaum ein Kopfballduell gewonnen wird, dann hätte man den Oldenburgern den Sieg eigentlich gönnen müssen.

Die Geschichte ist so alt wie der Pokal: Die vermeindlichen leichten Gegner werden unterschätzt. „Da kann man der Mannschaft erzählen, was man will“, meinte Trainer Hans-Jürgen Dörner hernach resigniert. Kann man nur hofen, daß Werder in der nächsten Runde einen starken Gegner zugelost bekommt. J.G.

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