■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Arme Leute und hohe Tiere
Armer Kalli Schönberger. Um seine Mission, die Rettung des Bremer Vulkans, doch noch zu erfüllen, hetzt er in Bremen von Termin zu Termin – und das alles ohne BMW. Als der Vulkan pleite ging, mußte Schönberger den Autoschlüssel abgeben, sein heißgeliebter Dienstwagen rollte in die Konkursmasse. Den Verlust hat er bis heute nicht verwunden. Bei einer Geburtstagsfeier in der bekannten Gaststätte „Reederei“ stand Kalli, wie seine Kollegen, die Werftarbeiter, ihren ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden gerne nennen, traurig an der Bar und klagte sein Leid. So laut, daß alle es hören konnten: „Wenigstens den hätten sie mir doch lassen können“, schniefte Schönberger in sein Bier. Daß einige der rund 300 Gäste fassungslos die Köpfe schüttelten, merkte er nicht. Armer Kalli.
Da sind die Nölles ganz anders: Denen bedeutet Besitz nichts. Stolz führte Karstadt-Chef Blumenberg die Eheleute Nölle durch sein Öko-Kaufhaus. Vor dem Regal mit Glühbirnen blieb er stehen. „Frau Nölle, ich habe gehört, daß sie Probleme haben mit der Lebensdauer ihrer Glühbirnen“, wandte sich der Kaufmann mitfühlend an die Frau des zweiten Bürgermeisters. Frau Nölle nickte. „Ja“, bekannte sie. „Die gehen immer so schnell kaputt.“ „Kein Problem. Für den netten Besuch in unserem Haus wollen wir uns gerne revanchieren“, bot Blumenberg an. Ulrich Nölle wurde blaß: „Das müssen wir leider ablehnen.“ Der Karstadt-Chef lief puterrot an: „Äh, ach ja, äh, stimmt ja. Das dürfen Sie ja nicht.“
Und nicht nur auf die Glühbirnen, sondern auch auf ihren Pelzmantel kann Frau Nölle verzichten. Allerdings erst, nachdem Thomas Diehl ihr den Mantel ausgezogen hat. „Was man als Senatssprecher nicht alles zu tun hat“, klagte Diehl am Biertisch über seine Arbeitsbelastung: „Da muß man der Frau des Bürgermeisters auch noch sagen, daß es schlecht aussieht, wenn sie zu einer Wohltätig-keitsveranstaltung einen Pelzmantel trägt.“ Armer Diehl.
Apropos Pelzmäntel und Naturschutz: Im Namen der bedrohten Umwelt rasten die Buten-und-binnen-Reporter mit ihrem Wagen im Affenzahn durchs Werderland. Die Ruderer wollten hier Regatta fahren. Skandal! Ein Filmchen mußte her. Doch die engagierten Reporter hinterließen eine Fährte des Todes: Unzählige Frösche und Molche, die wie jedes Jahr um diese Zeit unterwegs sind, starben unter den quietschenden Reifen des Radio-Bremen-Autos. Arme Frösche, trauert Rosi Roland
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