: Israels Rechte feiert
Tel Aviv (taz) – Die Abschlußkundgebung des alljährlichen „Jerusalem-Marsches“, an dem sich am Mittwoch 30.000 Israelis und 6.000 fundamentalistisch-christliche Pilger aus dem Ausland beteiligten, verwandelte sich in eine Triumph-Veranstaltung zu Ehren der Erfolge Netanjahus auf dem Washingtoner Gipfel. „Jerusalem ist und bleibt eine von uns geeinte Stadt, in der ausschließlich wir Israelis die Herrscher sind und sonst niemand das Sagen hat“, erklärte Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert. Im Namen des „gesamten Volkes“ begrüßte auch Erziehungsminister Zevulun Hammer die „Erfolge“ Netanjahus bei der Herstellung eines „sicheren Friedens zugunsten der Juden und Jerusalems“. Sprecher des Likud und anderer Regierungsparteien begrüßten die Resultate der Washingtoner Konferenz ebenfalls.
Auch der Rat der Siedler der Westbank sprach von einem Erfolg. Die Ereignisse der letzten Woche hätten bewiesen, daß die Unterschrift der Araber nichts wert sei und daß das Osloer Abkommen nicht gelte. Die israelische Armee müsse Hebron weiterhin beherrschen. Die Siedler beteiligten sich gestern an einem „Siegerempfang“ der rechtsorientierten Parteien und Vereine, der Netanjahu bei seiner Rückkehr aus Washington bereitet wurde.
Der ehemalige Stabschef Ehud Barak, Nachfolgekandidat für die Führung der Arbeitspartei, bezeichnete das Ergebnis des Gipfels als „teilweisen, aber sehr unbeständigen, unsicheren Erfolg“. Barak rief Netanjahu und Arafat zu maximaler Zurückhaltung und verantwortungsvollem Verhalten auf, um neue Gewaltausbrüche zu vermeiden. Auch „Peace Now“ veröffentlichte einen Aufruf, der vor weiterer Eskalation warnt. Am Dienstag abend hatten 50.000 Menschen demonstriert und von Netanjahu „Friedensergebnisse“ gefordert.
Ein großes Polizeiaufgebot von mehr als 3.000 Mann bleibt einstweilen in Jerusalem und wird heute in der Altstadt dafür sorgen, daß beim Freitagsgebet keine Demonstrationen der Palästinenser stattfinden. Nach Angaben der israelischen Sicherheitsbehörden bleibt auch der vor zehn Tagen angeordnete Ausnahmezustand in allen Gebieten der Westbank und des Gaza-Streifens in Kraft.
Netanjahu fühlt sich jetzt zwar stark genug, um auch einige Gesten den Palästinensern gegenüber machen zu können, wie Erleichterungen bei der totalen Abriegelung der Westbank und des Gaza-Streifens sowie bei der Freilassung von Gefangenen. Doch er wird von den Palästinensern weiterhin für jede kleine Geste eine Gegenleistung verlangen. Amos Wollin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen