: „Crash-Kurs gegenüber den Beschäftigten“
■ AJA-Nachfolge arbeitsrechtlich umstritten / GAL übt heftige Kritik
Die Zeche für die Pleite der „Altonaer Jugendarbeit“ (AJA) sollen die betroffenen Angestellten und Azubis bezahlen. Das jedenfalls kritisiert der arbeitsmarktpolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Andreas Bachmann. „Hier fährt ausgerechnet die Fachbehörde für Arbeitsmarktpolitik einen Crash-Kurs gegenüber den Beschäftigten“, so der GALier.
Hintergrund der Anschuldigungen ist ein von der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) ausgearbeiteter Senatsantrag, der die Nachfolge der in Konkurs gegangenen AJA regeln soll.
„In dem Papier wird ganz dreist festgelegt, daß die unbefristeten Arbeitsverträge der Beschäftigten in befristete umgewandelt werden sollen“, so Bachmann. Ausdrücklich heißt es dort, daß man die „Rechtsfolgen des § 613a BGB“ ausschließen will. Soll bedeuten: Der vom Gesetzgeber vorgesehene Schutz der Beschäftigten bei einer Betriebsübernahme soll für die Nachfolge der AJA umgangen werden.
„Es geht doch nicht, daß man sich die Beschäftigten nach völlig unklaren Maßstäben und Kriterien aussucht – die Besitzstände des in Konkurs gegangenen Betriebes müssen doch gewahrt werden“, schimpft Bachmann: „Ich halte diese Vorgehensweise für juristisch nicht haltbar.“
Das kann BAGS-Sprecherin Christina Baumeister nicht finden. „Der Paragraph 613a BGB trifft nach unserer Rechtsauffassung nicht zu“, teilte sie gestern der taz mit, „weil es sich nicht um einen Verkauf oder Übergang von einem bestehenden Betrieb in einen anderen handelt, sondern um die Auslösung des einen und die Neugründung eines anderen.“ Natürlich würden die AJA-Beschäftigten sich verschlechtern, aber mit der Gründung einer neuen Beschäftigungsgesellschaft sei „ein gezielter Neuanfang“ geplant. „Die Befristung der Arbeitsverträge soll ermöglichen“, so Baumeister, „daß sich die Projekte erst einmal entwickeln können.“
Vielen Beschäftigten der AJA dürfte das nicht genügen. Die Azubis lassen sich bereits durch den Anwalt Joachim Schallert vertreten. „Bisher wurden die Auszubildenden, die von dem Träger ,Jugend in Arbeit' übernommen werden sollen, immer nur gerüchteweise informiert, und es wurde über ihre Köpfe hinweg entschieden“, so Schallert. Den Azubis sei nur mündlich zugesichert worden, daß sie rückwirkend zum 1. April übernommen würden – die schriftliche Bestätigung steht noch aus.
Noch skandalöser findet Schallert die Situation der Gesellen und Meister: „Denen wird gesagt, sie sollen kündigen und dann befristete Verträge unterschreiben.“
Silke Mertins
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen