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Filmfest auf Abwegen

■ In Oldenburg gären die Gerüchte: Wandert das Filmfest ab, nach Hannover oder gar nach Bremen?

Thorsten Ritter und Torsten Neumann, die Veranstalter des nun schon im dritten Jahr stattfindenden Filmfests Oldenburg, machen sich derzeit Gedanken, ob sie das überregional gut eingeführte Festival – der Kartenverkauf ist um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen – überhaupt noch in Oldenburg veranstalten sollen. Gerüchteweise sind Bremen und Hannover im Gespräch. Jedenfalls haben die beiden genug von der „Art, uns billig abzuspeisen“ und möchten unter den Bedingungen des Vorjahres nicht weitermachen. Wenn die Stadt das Filmfest halten will, so Ritter und Neumann, muß für das Ereignis eine Festförderung vereinbart werden, auf die sich die beiden verlassen können.

Auf 185.000 Mark belief sich das Budget, das Neumann und Ritter in diesem Jahr zur Verfügung stand. 65.000 davon kamen vom Land Niedersachsen, 20.000 von der Stiftung Niedersachsen, der erhebliche Rest kam aus Sponsorengeldern. Die Stadt Oldenburg lehnte den Antrag auf Förderung ab und half lediglich mit Sachmitteln aus, indem sie etwa das Kulturzentrum PFL zur Verfügung stellte. Jetzt rechnen die beiden Festivalmacher ab – und müssen sich selbst wieder das Honorar streichen, damit die Schulden nicht noch höher ausfallen. Daß die Stadt für das imageträchtige Filmfest mit seinen zahlreichen internationalen Gästen keine müde Mark übrig hat, findet Torsten Neumann schon ein „bißchen seltsam“; mehr noch: Bislang war das Nervenzerrende an der Situation, daß ein potentieller Sponsor nur aktiv wurde, wenn er wußte, daß auch die Stadt fördert, und ein dritter Geldgeber wartete die Entscheidung des zweiten ab. Ritter und Neumann spüren Gegenwind in der Stadt für ihr Filmfest, materiell und ideell. „Es kann nicht sein, daß die Stadt das kulturelle Profil Oldenburgs prägt“, hält Kulturamtsleiterin Irmtraud Rippel-Mansz dagegen. „Vertreiben“ wolle man die Festivalmacher sicher nicht, doch, so Rippel-Mansz, „sie reden nicht mit mir“. Was Torsten Neumann bestreitet. Im Januar dieses Jahres habe es ein „zähes“ Gespräch mit Kulturdezernent Seeber, Rippel-Mansz und Kulturamts-Mitarbeiterin Katja Grohe gegeben.

„Lieb, teuer und wichtig“ sei dem Kulturamt das Filmfest und „vor fünf Jahren hätte die Stadt das Geld einfach rübergeschoben“. Doch die Zeiten hätten sich geändert. Christine Rüffert, Mitarbeiterin im Bremer Kino 46, glaubt nicht, daß die Festivalmacher wirklich weg wollen aus Oldenburg. „Die wollen die Stadt unter Druck setzen, das machen die nur, um an Kohle zu kommen.“ Ein übliches Verfahren sei das, so Rüffert. Bloß: Damit die Abwanderung als Drohgebärde wirken kann, müssen die Voraussetzungen stimmen. Können die Stadtväter leichten Herzens auf das Filmfest verzichten, verpufft natürlich das abschreckende Moment, nach Bremen oder Hannover gehen zu wollen.

Demnächst wollen die Festivalmacher mit Jochen Coldewey, Referatsleiter im niedersächsischen Kultusministerium, sprechen. Coldewey hatte sich schon zur diesjährigen Filmfest-Eröffnung am 28. August stark gemacht für das Festival. Mit Blick auf Oberstadtdirektor Dieter Holzapfel (SPD) betonte er, es könne ja nicht angehen, daß das Land als Hauptförderer auftrete und die Stadt sich bedeckt halte. „Coldewey hat sich sehr aus dem Fenster gelehnt“, kontert Irmtraud Rippel-Mansz. „Daß Film wichtig ist, muß er uns nicht sagen.“ Bloß gebe es in Oldenburg eben noch andere förderungsbedürftige kulturelle Einrichtungen, unter anderem auch die „alternativen“ Filmtage Oldenburg, die noch weniger Chancen auf Sponsoring hätten. Unverständlich bleibt für Torsten Neumann, daß, wenn das knappe Kultur-Geld schon nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird, sie davon überhaupt nichts kriegen sollen.

Noch haben Neumann und Ritter nicht vorgefühlt in Bremen. Bei der Kultursenatorin liegt kein Antrag auf Förderung vor, ebensowenig beim Wirtschaftsressort. Mit potentiellen Bremer Sponsoren wie Kraft Jacobs Suchard und Beck's will man ins Gespräch kommen. Denn ob der neue Oberstadtdirektor Oldenburgs, Jürgen Poeschl (CDU), mehr Liebe fürs Filmfest mitbringt als sein Vorgänger Holzapfel, läßt sich noch nicht absehen. „Das letzte Wort hat die Politik“, sagt Irmtraut Rippel-Mansz, „wir geben nur Empfehlungen“.

Alexander Musik

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