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■ VorschlagEin Jubiläumsabend für Wolfgang Staudte in der West-Akademie

Eigentlich war er Ingenieur. Sein Regiedebüt gab Wolfgang Staudte 1943 mit der Komödie „Akrobat schö-ö-ön“, in der Charlie Rivel die Hauptrolle spielte. Doch dem spanischen Clown verdankt Wolfgang Staudte nicht seine Unsterblichkeit: Sein Film „Die Mörder sind unter uns“ war die erste deutsche Nachkriegsproduktion.

Wolfgang Staudte lebte ab 1956 in West-Berlin, arbeitete jedoch bis zum Bau der Mauer auch bei der DEFA in Babelsberg. Nicht nur das trug ihm Häme von West und Ost ein. 1940 hatte Staudte in „Jud Süß“ mitgespielt, was seine Biographie nicht gerade zierte, doch 1951 lieferte er mit „Der Untertan“ sein satirisches Glanzstück über den deutschen Duckmäuser wilhelminischer Prägung ab.

Am 4. Mai 1946 fiel die erste Klappe für „Die Mörder sind unter uns“. Der Kritikerin Margit Voss erzählte Staudte später, was Peter van Eyck (damals amerikanischer Filmoffizier) von seinem Projekt hielt. „In einem gebrochenen Deutsch, dafür aber in einer ungeheuer gut sitzenden Uniform“ habe van Eyck Staudtes Film abgelehnt und den Regisseur belehrt, „daß in den nächsten zwanzig Jahren für uns Deutsche an Film nicht zu denken sei“. Van Eyck sollte sich irren – er wurde selbst im deutschen Nachkriegskino populär.

Doch nicht nur die Amerikaner, auch die Franzosen und Briten zeigten kein Interesse an der Geschichte des jungen Arztes Dr. Mertens, der als Wrack von der Ostfront nach Berlin zurückkehrt, um seinen ehemaligen Hauptmann Brückner zu erschießen. Er findet ihn als wohlhabenden Fabrikbesitzer (Stahlhelme zu Kochtöpfen) mitten in der Trümmerstadt. Eine Ex-Insassin eines Konzentrationslagers hält Mertens zurück. „Die Mörder sind unter uns“ ist ein düsterer Film. Das Exposé sah ursprünglich vor, daß der Fabrikant tatsächlich erschossen wird. Staudte durfte zwar unter den sowjetischen Besatzern drehen, mußte jedoch nach Intervention des Kulturoffiziers Alexander Dymschitz auf die Selbstjustiz verzichten.

Es paßt zum disparaten Leben von Wolfgang Staudte – hier „Rotation“ und „Leuchtfeuer“, da „Die Geschichte vom kleinen Muck“, „Rosen für den Staatsanwalt“ oder „Der Seewolf“ –, daß er im Januar 1984 während der Arbeit zusammenbrach und völlig verarmt starb. Es reichte gerade für ein Seemannsgrab. Anke Westphal

„Die Mörder sind unter uns“, 20 Uhr, Akademie der Künste, Hanseatenweg 10 (Gäste sind Kurt Maetzig und Ulrich Gregor)

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