■ Heiße Phase im US-Wahlkampf zwischen Clinton und Dole: Golf spielen mit Fidel Castro
Hey, falls es irgend jemand noch nicht mitgekriegt hat: Bill Clinton wird am 5. November wiedergewählt – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Es sei denn, er wird vorher mit Fidel Castro beim Golf spielen erwischt. Oder Butros Ghali startet doch noch die Invasion Amerikas mit seinen schwarzen Hubschraubern. Oder Hillary sozialisiert im Kokainrausch Disney-Land.
Aber niemand darf sich wundern, wenn sich die Wähler dieses Mal bei der Stimmabgabe die Haare raufen. Die Linken (jawohl, es gibt sie, ich habe neulich einen getroffen) stehen vor dem Dilemma, entweder ihre Stimme an Ralph Nader, den Spitzenkandidaten der Grünen, zu verschwenden oder sie Bill Clinton zu geben, der sich unter anderem mit der Ausweitung der Todesstrafe und der Demontage des sozialen Netzes brüstet. Viele Schwarze werden ihn mit zugehaltener Nase wählen, weil er so gut wie nichts gegen das Elend in den Ghettos unternommen hat, deren Schatten sich durch die Stereotypisierung junger Afroamerikaner als gangbanger oder welfare mothers auch auf die schwarze Mittelschicht erstreckt. Viele weiße Frauen werden ihn wählen, weil ihnen die Clintonsche Mixtur aus fürsorglichem und repressivem Vater Staat gefällt: Da ein bißchen mehr Todesstrafe, dort ein bißchen Waffenkontrolle, hier ein wenig Hilfe bei der Kindererziehung und ein kleiner Kredit fürs College. Und ein paar zornige weiße Männer werden ihm die Stimme geben, weil Bob Dole selbst vor einer wohlwollenden Menschenmenge nicht verbergen kann, daß er an seine Wahlversprechen selbst nicht glaubt.
Vielleicht wird Clinton am Ende seiner Amtszeit seinen Landsleuten endgültig abgewöhnt haben, in ihren Präsidenten ständig nach einer Kombination aus Moses, König Arthur und Jimmy Stewart zu suchen. Nach seiner Wiederwahl – so denn die oben genannten Szenarien nicht eintreten – erwartet ihn die Konfrontation mit der Whitewater-Affäre sowie dem handfesten Skandal, in dem das Weiße Haus die FBI- Akten mehrerer hundert Personen gegen sämtliche Vorschriften und Regeln angefordert hat. Für den Bau der vielzitierten „Brücke ins 21. Jahrhundert“, Clintons Lieblingsmetapher in diesem Wahlkampf, wird da vermutlich nach der Vereidigung wenig Zeit und politischer Schwung vorhanden sein – egal ob im Kongreß eine demokratische oder republikanische Mehrheit zustande kommt. Von Aufbruchstimmung ist in diesem Wahlkampf folglich nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Andrea Böhm
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