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■ Skandal um die Wahlkampffinanzierung in den USAKorrumpiertes Entertainment

Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, wenn ein Präsident in den USA die größte Anti-Raucherkampagne lostritt, während gleichzeitig ein Kokainschmuggler 20.000 Dollar für dessen Wiederwahl spendet – und mit dem Vize-Präsidenten obendrein diniert. Nehmen wir mal zugunsten Bill Clintons an, daß sein Wahlkampfteam nicht gezielt Drogenhändler als Sponsoren anspricht – und besagter Geschäftsmann versehentlich auf die Gönnerliste geraten ist. Solche Pannen können passieren, wenn der demokratische Prozeß zunehmend darin besteht, mit einem gigantischen Dollarstaubsauger Geld für das Spektakel Wahlkampf einzusammeln.

Der Koks-Scheck ist dem Weißen Haus jetzt peinlich – nicht aber die Tatsache, daß man weiterhin sechsstellige Summen aus dem Hause „Philip Morris“ einkassiert. Egal, was man vom Clintonschen Kreuzzug gegen das Rauchen hält, wird hier eines deutlich: Politik verkommt zunehmend zu leerer Symbolik und schlechter Show, wenn die Verursacher eines Problems, in diesem Fall die Tabakindustrie, durch Spenden an das Zwei-Parteien-Kartell wahre Reformen minimiert und als Gegenleistung gestattet, sich für eine Wahlsaison von den Politikern öffentlich beschimpfen zu lassen – als Entertainment für das Volk. Politik als Fortsetzung der Korruption mit Berücksichtigung der Einschaltquoten.

Die Lage ist zum Kotzen, aber nicht aussichtslos: Im Kongreß gibt es in beiden Parteien Vertreter, die eine neue Reform der Wahlkampffinanzierung wollen. Was fehlt, ist öffentlicher Druck außerhalb des Parlaments. Gerade hier läge die Chance eines Ralph Nader, dem Spitzenkandidaten der US-Grünen, dessen Integrität weit über das linksökologische Spektrum hinaus anerkannt wird. Doch der hat sich leider in den Kopf gesetzt, mit einer Barfußkampagne und einem Mini-Etat das Gefühl der inneren Reinheit zu bewahren, anstatt im politischen Geschäft ein paar Spuren zu hinterlassen. Die Chance, glaubwürdige Reformideen zur Wahlkampffinanzierung zusammen mit progressiver Politik publik zu machen, ist in diesem Jahr vertan. Mit ihrem Gebaren werden die Herren Clinton, Gingrich und Co aber in absehbarer Zeit weitere Gelegenheiten bieten. Andrea Böhm

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