: Ehrentor vom Chef
Der HSV erreicht dennoch gegen Spartak Moskau das Achtelfinale des UEFA-Cup ■ Von Sven-Michael Veit
Schade eigentlich, aber wahr: Der Hamburger Sportverein kam gestern in der russischen Hauptstadt gegen Gastgeber Spartak Moskau böse unter die Räder. Mit 1:5 verloren die Mannen von Präsident Uwe Seeler deutlich. Da nützte auch die Mobilisierung aller Kräfte und die Rückbesinnung auf das Altbewährte nichts: Der Chef höchstselbst, der nächste Woche seinen 60. Geburtstag feiern darf, schoß zwar ein Tor, aber eben nur den Ehrentreffer gegen die stark aufspielenden Moskowiter.
Das einzig Positive an dem Spiel aus Hamburger Sicht: Es war nur ein Freundschaftspiel in geheizter Halle zwischen den Führungsetagen der beiden Vereine, in dem der Vorstand des dreimaligen russischen Meisters klar dominierte.
Das Hauptereignis fand erst am Nachmittag bei Temperaturen um den Gefrierpunkt unter freiem Himmel statt, und hier war der HSV erfolgreicher: Durch ein 2:2-Unentschieden erreichte Seelers Bundesliga-Team das Achtelfinale des UEFA-Pokals. Zum erstenmal seit fünf Jahren hat der HSV, der im Bundesliga-Alltag eher graues Mittelmaß bietet, damit eine Chance, auf europäischem Parkett für Furore zu sorgen.
Das 3:0-Polster aus dem Hinspiel vor zwei Wochen reichte den Norddeutschen, obwohl das Spiel wenig verheißungsvoll begonnen hatte. Bereits nach zehn Minuten lenkte Meljoschin den Ball nach einem Fehler von Sven Kmetsch per Kopf zur 1:0-Führung der Russen ins Tor.
Der Defensiv-Mann aus dem Mitteldfeld machte seinen Fehler allerdings schnell wieder gut. In der 29. Minute bediente er mit einer präzisen Flanke Markus Schupp, der per Kopf zum 1:1 abschloß. Kommentar von Trainer Felix Magath: „Das war eigentlich die Erlösung.“ Denn nun hätte Spartak mit mindestens 5:1 gewinnen müssen, um den HSV aus dem Wettbewerb zu kicken.
Obwohl also nach einer halben Stunde eigentlich alles klar war, steckten die Gastgeber vor nur 8000 Zuschauern nicht auf und drückten munter auf Ergebnisverbesserung. Erfolgreich: Drei Minuten vor der Halbzeit erkannte der Schiedsrichter nach einem angeblichen Foul von Fischer an Titow auf Elfmeter; Tichonow verwandelte zur 2:1-Pausenführung.
Chef Uns Uwe riet deshalb zur Vorsicht: „Wir müssen höllisch aufpassen“, warnte er, und er behielt recht. Der HSV geriet nach dem Wiederanpfiff heftig unter Druck und wirkte mit zunehmender Spieldauer verunsichert. Aber die Hamburger hatten Glück: Moskau diktierte zwar das Spiel, konnte jedoch drei gute Chancen nicht verwerten. Das Tor zum Endstand fiel in der 72. Minute, als Hartmann mit einem Flugkopfball den erneuten Ausgleich erzielte und die Moskowiter aller Träume beraubte.
Die der Hamburger blühen hingegen. Seeler und Magath hoffen bei der Auslosung der nächsten Runde am Freitag auf das große Los – und auf volle Kassen. Torwart Richard Golz äußerte noch einen weiteren Wunsch: „Hoffentlich müssen wir im Achtelfinale nicht wieder in diese Gegend. Es ist mir hier nämlich zu kalt“.
Spartak Moskau: Filimonow – Ananko – Lipko (68. Golowskoi), Gorlukowitsch – Jewsejew (35. Dzubanow), Bliyun – Meljoschin (61. Bezrodny), Aljenitschew, Titow – Schirko, Tichonow
Hamburger SV: Golz – Friis-Hansen – Fischer, Henchoz (46. Kovacevic) – Schnoor, Hartmann, Schopp (46. Ivanauskas – 65. Hollerbach), Schupp, Kmetsch – Salihamidzic, Breitenreiter
Schiedsrichter: Roca (Spanien) – Zuschauer: 8000.
Tore: 1:0 Meljoschin (10.), 1:1 Schupp (29.), 2:1 Tichonow (42. Foulelfmeter), 2:2 Hartmann (72.)
Gelbe Karten: Lipko, Ananko / Henchoz
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