: Höchste Zeit für „Hamburger Ehe“
Grüne Schwulesbenpolitik: LAG stellt Leitlinien und KandidatIn vor ■ Von Miguel-Pascal Schaar
Rosige Zeiten für die schätzungsweise 160.000 in Hamburg lebenden Lesben und Schwulen? Gleichberechtigung von Harburg bis Hummelsbüttel, Schutz vor Diskriminierungen jeder Art, offene Standesämter von Altona bis Rahlstedt selbstverständlich auch für gleichgeschlechtlich gesinnte Paare, fordert die „Landesarbeitsgemeinschaft Schwulesben-Politik“ (LAG) der GAL.
Gestern stellte sie den Bündnis 90-Parteigremien die lesbischwulen Leitlinien für das Bürger-schaftswahlprogramm 1997 vor. Als Bürgerschaftskandidaten wollen Andrea Franken und Farid Müller von der LAG die Anliegen von Homosexuellen voranbringen. Kernpunkte sind die Einführung des Modells „Hamburger Ehe“, ein Hamburger Antidiskriminierungsgesetz und die städtische Finanzierung des Überfalltelefons für Opfer antischwuler Gewalt.
Die „Hamburger Ehe“ soll gleichgeschlechtlich liebenden Paaren etwas wie staatliche Anerkennung signalisieren. Schon länger bieten Städte wie Stockholm, Kopenhagen und Budapest lesbischen und schwulen Paaren kommunale Registrierungsmöglichkeiten, die unter anderem gewisse Vorteile bei der Zuteilung von kommunalem Wohnraum bieten. Einen „Imagegewinn“ für die Region verspricht sich Farid Müller von der „Hamburger Ehe“, denn „der Name der Stadt könnte so wieder mit Liberalität und Toleranz in Verbindung gebracht werden“. Symbolisch soll die Einführung der Hamburger Ehe nicht bleiben. „Die Möglichkeiten des Stadtstaates müssen ausgeschöpft werden“, fordern die Kandidaten am Beispiel Bundesangestelltentarif (BAT): Zwar könne eine Änderung nur auf Bundesebene erfolgen, doch Hamburg könne durch außertarifliche Zuschläge die finanzielle Ungleichbehandlung von homosexuellen und heterosexuellen Paaren ausgleichen.
Der Schutz von Lesben und Schwulen gegenüber Diskriminierungen durch staatliche Stellen oder Firmen soll durch eine Art Antidiskriminierungsverordnung gewährleistet werden. Die Einführung eines Antidiskriminierungsgesetzes auf Bundesebene habe weiter Priorität. Doch ein Landesgesetz sei „besser als gar nichts“, denn „bei der Umsetzung kommt der Stadt als größtem Arbeitgeber eine Vorbildfunktion zu“, weiß Müller. Sie könnte gegebenenfalls zuwiderhandelnden Institutionen die städtischen Zuschüsse kappen. „Davon könnten dann auch die Kirchen betroffen sein“, verspricht Andrea Franken.
„Hamburg ist die letzte Großstadt ohne offen schwule oder lesbische Vertretung im Parlament“, erklärt Müller – im Gegensatz zu Frankfurt, Berlin, Düsseldorf, Köln oder München. Zwar habe auch die GAL das Thema sporadisch in die Bürgerschaft transportiert, doch dieses sei nur „vertretungsweise nebenbei“ geschehen. „Es ist höchste Zeit, daß Lesben und Schwule offen im Parlament agieren“, bekräftigt Wahlhamburger Müller, „Frauenpolitik kann auch nicht von Männern vorangebracht werden.“
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