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■ QuerspalteFun, fun, fun auf Brent Spar

Im März 1982 schrieb die taz schwer prophetisch über den Brutreaktor von Kalkar: „Macht ein Museum aus dem Schnellen Töter!“ Und wie immer hat diese kleine (wieself)linke Zeitung recht behalten. Aus dem „Höllenfeuer vom Niederrhein“ (NRW-SPD) ist ein vergnüglicher Freizeit- und Spielpark mit hübschen Wasserspielen entstanden – vom Reaktorcore zum Reaktorchor.

Der Niederländer Henny van der Most, Erfinder von Umwidmungen industrieller Projekte, die der fliegende Teppich der Utopie abgeworfen hat, war der Vorreiter. Jetzt geht's munter weiter. Der Shell-Konzern überlegt, was er mit der Brent Spar machen soll, die in norwegischen Fjorden still und unglücklich vor sich hinrostet. Bisher aufregendster Vorschlag, ausgeheckt von der Konstruktionsfirma Amec: Die 65.000 Tonnen schwere Ölplattform wird zur irischen Küste geschleppt und dort zum Vergnügungspark umgerüstet. Mit Bars, Restaurants, Einkaufsstraßen und Spielsalons. Vielleicht noch ein Abenteuerspielplatz für die Kids („ich Greenpeace, du Shell“) oder ein Erotikcenter („I did it on Brent Spar“). Besucher werden stilgerecht mit dem Schlauchboot abgeholt und dürfen sich dann ein bißchen anketten, bevor sie feuchtfröhlich mit dem Wasserwerfer begrüßt werden. Wenn sich dann noch jeder Besucher verpflichtet, als ganz persönlichen Entsorgungsbeitrag zehn Gramm toxischen Restmülls aufzuessen, wären wir diese Sorge auch los.

Und die Brent Spar macht ja erst den Anfang. Mehr als 100 Bohrinseln stehen in den nächsten Jahren zur Stillegung an. Dazu warten Raketensilos aus dem Kalten Krieg, Wiederaufarbeitungsanlagen, Hochtemperaturreaktoren, Schürmann- Bauten, Entsorgungsparks, Uranhalden, Giftkippen und Müllöfen auf ihre Donaldduckisierung.

Freizeitpark Deutschland? Nie lag der Kanzler so richtig! Störfall, GAU und illegale Giftmüllverklappung werden künftig zum grenzenlosen Spaß. Mindeststrafe für Atom-, Gift- und Raketenmafia: lebenslänglich Freispiel! Manfred Kriener

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