: Leukämie im Dienst
■ Junge Polizisten fordern das Verbot weiterer Atomtransporte im Castor
Hannover (taz) – Wegen des Strahlenrisikos für den Castor- Begleitschutz regt sich in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Widerstand gegen weitere Atommülltransporte nach Gorleben. Die „Junge Gruppe“ in der GdP hat jetzt in einem Flugblatt ein „sofortiges Verbot weiterer Castor-Transporte“ verlangt. Der Bundesjugendvorstand der GdP will zunächst ein „unabhängiges Gutachten über die Strahlenbelastung und mögliche Spätfolgen“ eingeholt sehen.
Für Aufregung bei den jungen PolizistInnen haben Einträge über Strahlenbelastung in die Personalakten von Beamten gesorgt, die bereits im Castor-Einsatz waren. Mit den Einträgen soll sichergestellt werden, daß später auftretende Gesundheitsschäden wie etwa eine Leukämieerkrankung als Dienstunfall anerkannt werden können. Dies zeige, „daß auch die Polizeiführung über keine gesicherten Erkenntnisse über Spätfolgen der Strahlenbelastung verfügt“, schreibt die baden-württembergische GdP-Jugendvorsitzende Beate Troner in einem Protestschreiben an ihren Landesinnenminister. Daß nach Gorleben-Einsätzen in Personalakten von Beamten tatsächlich Strahlenbelastungsvermerke aufgenommen wurden, hat zumindest das Innenministerium von NRW bestätigt und als „Vorsorgemaßnahme im Rahmen der Fürsorgepflicht“ begründet. GdP-Chef Hermann Lutz fordert laut Focus Aufklärung über die Gesundheitsgefahren für die Beamten im Castor-Einsatz. Offenbar seien auch diverse Dienstherren der Auffassung, daß die Castor-Transporte ihre Polizisten einem Risiko aussetzten. Ausgelöst wurde die polizeiinterne Debatte über Strahlenrisiken durch eine Wanderausstellung von Greenpeace.
Die Ausstellung stand in den vergangenen Wochen vor Polizeikasernen in Süddeutschland. Greenpeace präsentiert darin Berechnungen des Marburger Nuklearmediziners Horst Kuni, nach denen bei einer realistischen Gewichtung der Wirksamkeit von Neutronenstrahlen bei einer niedersächsischen Hundertschaft im Gorleben- Einsatz der zulässige Grenzwert der Strahlenschutzverordnung überschritten wurde. Außerdem sollen schwangere Polizistinnen aufgefordert worden sein, 50 Meter Abstand zum Castor-Behälter zu halten. Jürgen Voges
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