■ Soundcheck: Willy DeVille / Deine Lakaien
Gehört: Willy DeVille. Zwischen Rauchern, Kiffern, Autofahrern, Fleischfressern und anderen Umweltverschmutzern in einem ausverkauften Haus kann man große Musik nur betäubt erleben.
Dabei würde es völlig langen, wenn der Chef Willy DeVille cool auf der Bühne raucht. Bei seinen Lakaien aber, von denen 50 Prozent zuzutrauen wäre, daß sie auch zur Kelly-Family pilgern, führt die innere Destruktion auch zu unverschämten Umgangsformen und lascher Begeisterungsfähigkeit. Trotz Klirr-Sound und Rock-Überdosen hätte unter weniger früh ergrauten Jugendlichen dieses Konzert Feuer gelegt. War aber nicht. Sorry, Spargeltarzan.
Till Briegleb/Foto: JMS
Gehört: Deine Lakaien. Wer die betuliche Beseeltheit beim Deine Lakaien-Konzert auf Kampnagel erlebte, konnte den Zweck des Gigs, frei nach Nietzsche, neu auslegen: die Geburt des Panoptikums aus dem Geiste der Romantik. Deine Lakeien – Pianist Ernst Horn und Sänger Alexander Veljanov – klangen auf Platte stets ein wenig nach Snobs, die nur akzeptieren, was große Gefühle befeuert. Für diesen Abend aber hatte Horn einen Flügel nach John Cages Vorbild „präpariert“. Zwar konnte man sich in Veljanovs Texten immer noch aussuchen, ob jemand individuell zum Umdenken aufgerufen oder die Menschheit insgesamt beweint wird. Horns Spiel aber stellte Veljanov vor neue Aufgaben. Jedenfalls nach dem ersten Lied, das noch so abtroff, wie man sich einen unplugged Gothic-Sound beim Zähfließen vorstellt: claydermannsche, bittersüße Kaugummi-Sauce. Danach bündelte Veljanov aber als Sehnender Stimmen, die von Bedrohung, Distanz und einem ihre Wertigkeit nüchtern einschätzenden Abstand zu den Versen sprachen. So zeigte der Abend, daß ohne Walla-Walla-Grusel-Sound der Weg zur Grandiosität frei wird. Kristof Schreuf
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