■ Mit Telekom-Aktien auf du und du: Spekulation juchhe!
Berlin (taz) – Innerhalb von 26 Stunden haben Telekom- Aktionäre durch süßes Nichtstun bereits 20 Prozent Gewinn mit ihren Papieren gemacht. Am ersten Tag des Handels schloß der Kurs der T-Aktie, die mit Rabatt für 28,00 Mark erworben werden konnte, mit 33,90 Mark.
Vor allem Fonds und Banken haben sich gestern mit der begehrten Aktie eingedeckt und den Kurs so nach oben getrieben. Denn sie waren von Telekom-Chef Ron Sommer bei der Verteilung verhältnismäßig schlecht bedacht worden. Die als Volksaktie geplante Neuemission sollte ja gerade jedermann und jedefrau für die Börse begeistern. Für Aktienfonds ist die T-Aktie jedoch ein wichtiger Teil ihres Pools.
Die T-Aktie wird nämlich bereits einen Tag nach Börseneinführung in den aus 30 Werten bestehenden Deutschen Aktienindex (Dax) aufgenommen – dafür fällt die Metallgesellschaft heraus. Da Aktienfonds sich am Dax orientieren, ist dessen Wertentwicklung maßgeblich am Wert eines Fonds beteiligt. Über die Menge an T-Aktien und den anderen 29 Aktientiteln im Dax können Fonds-Betreiber also die Punktzahl des Index beeinflussen.
Private Anleger werden sich gestern mit Spekulationsverkäufen eher zurückgehalten haben. Analysten und Aktionärsverbände gehen davon aus, daß der Kurs der T-Aktie in den kommenden Tagen weiter nach oben geht. Aktien-Guru André Kostolany riet gestern vom Verkauf ab. Der Kurs der T-Aktie werde sich langfristig mindestens verdoppeln, prophezeite er. Vorsorglich hatte er 24.000 Aktien geordert.
Abgeschreckt haben mag viele private Anleger auch die Spekulationsteuer. Verkaufen sie ihre Aktien innerhalb von sechs Monaten wieder und streichen einen Gewinn von über 1.000 Mark ein, ist er einkommensteuerpflichtig. „Das kommt aber recht selten vor“, sagt der Sprecher der Berliner Oberfinanzdirektion. Gewinne und Verluste aus Aktiendeals können Anleger nämlich gegeneinander aufrechnen. Macht also ein Anleger mit den T-Aktien 2.000 Mark Gewinn und investiert diesen im selben Jahr wieder in einen verlustbringenden Titel, geht Finanzminister Waigel leer aus.
Professionelle Broker müssen ebenso wie Unternehmen mit großen Aktienpaketen in ihrem Besitz ebenfalls keine Spekulationsteuer bezahlen. Da ihr Gewerbe die Spekulation ist, zahlen sie auf etwaige Gewinne Gewerbesteuer. Wenn überhaupt. Denn – siehe Spekulationsteuer – auch dort lassen sich Gewinn und Verlust verrechnen. Da das Finanzministerium jedoch in der Bredouille ist, erwägt Waigel die Spekulationsteuer zu erhöhen, wie sein Staatssekretär gestern sagte. Denn es stehen in den nächsten Jahren ja noch weitere Privatisierungen an. ufo
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