piwik no script img

Kaltblütiges Massaker

■ Sechs Rotkreuzmitarbeiter in Krankenhaus bei Grosny ermordet

Grosny/Genf (AFP/dpa/taz) – Bei dem bislang schwersten Anschlag auf ausländische Helfer sind in Tschetschenien sechs Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ermordet worden. Nach IKRK-Angaben handelt es sich bei den Ermordeten um vier Krankenschwestern und zwei technische Mitarbeiter. Die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass meldete unter Berufung auf Berichte Einheimischer, die Täter seien in der Nacht in die Schlafräume eingedrungen und hätten ihre Opfer auf der Stelle erschossen.

Es handele sich um einen der schlimmsten Übergriffe gegen Rotkreuzangehörige in der 133jährigen Geschichte der Organisation, erklärte Kim Gordon-Bates, der Sprecher des IKRK in Genf. Unter den Toten befinden sich den Angaben zufolge fünf Krankenschwestern aus Norwegen, Spanien, Neuseeland und Kanada sowie ein Architekt aus den Niederlanden. Ein Delegationsmitglied aus der Schweiz wurde bei dem Überfall schwer verletzt. „Die Täter wußten genau, was sie taten. Nichts wurde gestohlen“, sagte Gordon-Bates.

Die Hilfsorganisation hatte das Krankenhaus in der Ortschaft Nowje Atagi rund 17 Kilometer südwestlich von Grosny erst im September eröffnet, nachdem sowohl das russische Militär als auch die tschetschenischen Separatisten ihre Unterstützung zugesichert hatten. In dem Krankenhaus wurden viele Kinder operiert, die auch nach dem Ende des Krieges Opfer der Minen geworden waren.

Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Bonn arbeiteten in dem Hospital auch zwei Ärzte und ein Röntgentechniker des DRK, die jedoch durch einen glücklichen Zufall unverletzt geblieben seien. Das IKRK ordnete gestern umgehend die Evakuierung der restlichen vierzehn Mitarbeiter aus Tschetschenien an. Nur in der Hauptstadt Grosny sollen vorerst drei Mitarbeiter bleiben.

Der stellvertretende Chef der Übergangsregierung in Grosny, Mowladi Udugow, verurteilte die Morde als brutalen Akt und Provokation gegen den Friedensprozeß. Am 27. Januar sollen in Tschetschenien Parlaments- und Präsidentenwahlen stattfinden. Als eines der Hauptprobleme gilt die ausufernde Kriminalität.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen