piwik no script img

Der Falk-Plan-Blick

Draußen Jungmänner und intensive Leibes-Check-ups, drinnen die entspannte Stimmung: Ein Besuch im neuen Matrix, dem Club, der sich als Tempel für Techno und House etablieren will  ■ Von Gerrit Bartels

Fröhlich und abwechslungsreich geht es zu im Club-Leben der Stadt. Einige – wie kürzlich der Bunker und sein kleiner Bruder, der Ex-Kreuz-Club – müssen auf immer und ewig ihre Pforten schließen. Andere, wie der Planet in der Köpenicker, erstrahlen an alter Stelle in neuem Glanz; und wieder andere rotieren einfach von einer Location zur nächsten.

Dazu gehört neben dem unverwüstlichen WMF auch das Matrix unter den S-Bahn-Bogen an der Warschauer Straße. Schon 1994 hatten die Matrix-Betreiber DJ- Pult, Anlage und Theke in einem alten Bewag-Gebäude aufgebaut, doch die offizielle Rückübertragung an den Eigentümer und der Denkmalschutz – und damit verbundene hohe Auflagen – verhinderten einen längerfristigen Disco- Betrieb. Nun hat man sich also die BVG als Vermieter ausgeguckt, und erscheint das neue Matrix, das sich vor allem als Tempel für Techno und House etablieren will, auf den ersten Falk-Plan-Blick etwas weit ab vom Schuß, hat es natürlich einen unschätzbaren Vorteil: An- und Abreise lassen sich problemlos mit der U-Bahn bewältigen. Was Freaks aus KW, SFB, LOS und BAR allerdings wenig nützt.

Und schwante mit am vergangenen Samstag beim Anblick der Autokennzeichen aus Berlins Umgebung schon Ungutes, bestätigte sich das beim Warten auf den Einlaß: Jungmänner mit Bürstenschnitt und Käppis sind in der Überzahl und verbreiten ihren vom Kollegen Kuhlbrodt neulich so euphemistisch genannten „Jungprolocharme“. Die Gesichtskontrolle seitens der üblich unfreundlichen Einlasser erscheint da wie eine lästige Routine, während der anschließend folgende, sehr intensive Leibes-Check-up hinweist auf unschöne Ereignisse, die sich bei der Eröffnungsparty am Eingang zutrugen. Aber Technokultur ist ja Jugend- und Spaßkultur, und so leicht läßt man sich da nicht aus der Ruhe bringen.

Innendrin entspannt sich die Stimmung dann auch schnell. Das Matrix ist bis zu den Tanzflächen hin angenehm ausgeleuchtet, die Räumlichkeiten wirken weitläufig, sind sehr sauber (vor allem auch die großzügigen Orte zum Schminken und Pinkeln), und das clubtypische Umherstreifen hat etwas von Lustwandeln – und Schaulaufen, natürlich.

Hier verlaufen sich auch die Jungmänner, es gibt sogar Rauschebärte und Kunststudentinnen, ansonsten tummeln sich haufenweise die irgendwie ewig und überall gleich aussehenden Trägerinnen von Buffalo-Shoes, Friseure. Punks und Hardcore-Women waren übrigens keine da.

An der großen und hübsch designten Theke – an der kein Flaschen, sondern nur Faßbier ausgegeben wird! – falle ich über einen Menschen, mit dem man sich wunderbar über Slayer, Tool und Helmet unterhalten kann. Eher zufällig sei er von seiner Clique mitgeschleppt worden, eigentlich wollte er den Abend nach dem Fußballspiel auf dem Sofa mit einer Büchse Bier beenden. Doch wie das so ist. Tanzen will er nicht. Ich auch nicht, viele andere aber tun das eher gelassen und unengagiert, verteilt auf zwei hintereinander liegenden Tanzflächen unter den Bögen. Die Sounds sind tief, intelligent und versehen mit sehr gemächlichen Wechseln im Rhythmus. Keine Populär- oder Vulgär- Technoklänge, wie sie eine Freundin vor zwei wochen gehört haben wollte. Die Turntables lassen sich, vergleicht man das mit sonstigen DJ-Trutzburgen, gut einsehen, stehen fast auf einer Ebene mit der Tanzfläche, und hat das Matrix schon eher den Charakter einer Großraumdisco, kann der Funke so zumindest zwischen Tanzenden und DJ besser überspringen als in manch kleinem Club. Obwohl, by the way, mein Leben diese Nacht nicht gerettet wurde.

Freitag und Samstag geöffnet ab 23 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen