■ Wills Weihnachtsgeschichte für Kinder (5): Nathalies Weihnacht
Endlich weiß Nathalie, was sie sich zu Weihnachten wünscht: Sie will mit ihren Eltern einfach nur auf dem Sofa sitzen. Fast so wie ihre Freundin Sophie. Die geht mit der Familie am 24. Pizza essen und dann ins Kino. Weil Nathalies Eltern verdutzt sind, erklärt sie:
„Draußen schneit es, und wir haben einen Weihnachtsbaum, sitzen auf dem Sofa und ich trinke Kakao, heißen Kakao und ich erzähle euch was, und ihr hört mir zu. Ich erzähle euch ganz viel, ich meine, alles, was mir angst macht alles, was mich traurig macht, oder was mich ärgert. Ja, und dann, wenn ich fertig bin, gehen wir raus in den Schnee und bauen eine Schneeburg, und dann frieren wir bestimmt, und dann gehen wir was essen, am – liebsten Mackaroni, Weihnachtsmakkaroni, ja!“ Meine Eltern haben erst gar nichts gesagt, aber sie haben mit dem Kopf genickt und gelächelt.
„Hört sich gut an“, sagte mein Papa dann. „Wird bestimmt schön“, sagte meine Mama. „Du hast uns wohl viel zu sagen?“ fragte Papa. „Klar“, sagte ich. „Viel“.
Und so war es dann auch. Genau, wie ich es mir gewünscht hatte, genau so! Fast wie im Märchen: Es hat geschneit, dicke Flocken, der Tannenbaum hat hell geleuchtet, und wir saßen auf dem Sofa, und ich hab alles erzählt. Na ja, nicht alles. Ein paar Sachen sind großes Geheimnis. Ich meine, das ist nichts für Eltern. Aber trotzdem hab ich viel erzählt, gefragt und erzählt. Meine Eltern haben ruhig zugehört und manchmal was geantwortet. Ich hab gemerkt, daß sie es schön fanden so. Ich auch. Klar, es war natürlich nicht so, daß alles ganz plötzlich wieder o.k. war, ich meine, die Traurigkeit und all das. Aber es ging mir nicht mehr schlecht. Meinen Eltern auch nicht. Sie haben sich nicht gestritten an diesem Weihnachtsabend.
Wir sind dann rausgegangen und haben eine Schneeburg gebaut, und als uns kalt war, sind wir in die Pizzeria von Angelo gegangen, und es war richtig Weihnachten. Auf dem Nachhauseweg haben wir nichts mehr gesagt, weil der Schnee die Stadt verzaubert hatte und weil es uns nicht mehr schlecht ging. Wir kamen gerade in unsere Wohnung, da klingelte das Telefon. Ich weiß nicht, warum, aber ich rannte hin, nahm den Hörer ab und rief: „Hallo, Hallo, hier ist Nathalie!“
„Und hier ist Sophie!“ rief eine Stimme, die ich sehr lieb habe, am anderen Ende der Leitung. Meine Freundin Sophie!
„Wie war Weihnachten?“ fragte sie. „Hast du bekommen, was du wolltest?“ „Klar!“ rief ich und lachte.
Und dann redeten wir und redeten und erzählten uns von unserem Leben, und wie es war, zu Heiligabend, hier und in Finnland.
Will Gmehlings erstes Kinderbuch „Tiertaxi & Co.“ erscheint im Sommer im Sauerländer Verlag. Die Weihnachtsgeschichte hat er für kleine LeserInnen der taz extra erfunden.
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