■ Hintergrund: Streit ums Minarett
Schon in den 80er Jahren regte sich Widerstand in den kleinen Gemeinden Deutschlands gegen den Bau von Moscheen: Im oberbergischen Waldbröl beispielsweise machte eine Bürgerinitiative gegen das geplante islamische Gotteshaus mobil („Wir sind nicht gegen die Moschee, sondern nur gegen das Minarett“). Nicht nur die islamischen Vereine, sondern auch die beauftragten deutschen Architekten werden seitdem fast überall anonym bedroht. Der Streit ums Minarett kennt keine Parteigrenzen: Mitte der neunziger Jahre durfte im schwäbischen Lauingen, das von einem CSU-Bürgermeister regiert wurde, eine Moschee mit Minarett gebaut werden, wohl aber nicht im sechzig Kilometer entfernten Bobingen, wo der SPD-Bürgermeister der Ansicht war, „ein Minarett paßt nicht zum Stadtbild“.
In Deutschland mit seinen 2,5 Millionen Muslimen wird die Zahl der richtigen Moscheebauten auf 20 geschätzt. Wenn eine islamische Gemeinde den Plan zum Bau einer Moschee mit Minarett vorlegt, werden viele Seiten in die Diskussion mit einbezogen: Der Bürgermeister, die örtlichen Geistlichen, Bauausschußmitglieder und Verkehrsämter sind genauso daran beteiligt wie auch die Bürgerinitiativen, die sich flugs gegen den Moscheebau bilden und ihre „Angst vor Überfremdung“ kundtun.
Die multikulturelle Gesellschaft zeigt sich noch ziemlich ungeübt in Sachen religiöse Toleranz, was dem friedlichen Zusammenleben nicht besonders dienlich ist. Wer als Muslim das Gefühl hat, in seinem Glauben unterdrückt und nicht toleriert zu werden, ist anfälliger für fundamentalistische Strömungen. Dilek Zaptçioglu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen