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Entspannung zwischen Nord- und Süd-Korea

■ Das Atomabkommen beider Staaten ist ein erster Schritt der Annäherung

Berlin (taz) – Heute wird zwischen der nordkoreanischen Regierung und ihrem südkoreanischen Pendant ein Atomabkommen unterzeichnet. Nord-Korea, so sieht es der Vertrag vor, erhält zwei moderne Leichtwasserreaktoren und legt dafür im Austausch seine veralteten Reaktoren still.

Mit der Stillegung der plutoniumproduzierenden Reaktoren verzichtet Pjöngjang gleichzeitig auf die Fortführung seines Atomwaffenprogramms – eine Kernbedingung sowohl der USA als auch der südkoreanischen Regierung. Finanziert wird das Milliardenprojekt von den USA, Süd-Korea und Japan. Noch vor wenigen Wochen hatte Nord-Korea mit der Wiederaufnahme seines Atomwaffenprogramms gedroht, falls die Regierung in Seoul Bau und Lieferung der zugesagten Leichtwasserreaktoren nicht forciere. Möglich geworden war die Unterzeichnung des Abkommens erst, nachdem sich Nord-Korea offiziell bei der südkoreanischen Regierung für den U-Boot-Zwischenfall vom September letzten Jahres entschuldigte. Ein mit 26 Soldaten bemanntes U-Boot war in südkoreanischen Gewässern gestrandet, was von Süd-Korea als „bewaffnete Provokation“ gedeutet wurde. Daraufhin waren die Unterzeichnung des Atomabkommens und alle weiteren Gespräche von Süd- Korea abgebrochen worden.

Nachdem sich zum Jahreswechsel nun die nordkoreanische Regierung offiziell für das Eindringen des U-Boots in die südkoreanischen Hoheitsgebiete entschuldigt hatte, konnten die Gespräche wiederaufgenommen werden.

Die Unterzeichung des Atomvertrags gilt dabei als erster Schritt zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Wiedervereinigung der beiden Staaten, die von den Kontrahenten zumindest offiziell gewünscht wird. Erster Schritt auf diesem Weg sollen die von den den USA und Süd-Korea vorgeschlagen Vier-Länder-Gespräche unter Beteiliigung Chinas sein, die zu einem dauerhaften Friedensvertrag zwischen Nord- und Süd- Korea führen sollen. Derzeit gilt immer noch das seit dem Kriegsende 1953 vereinbarte Waffenstillstandsabkommen, welches allerdings auch im vergangenen Jahr durch militärische Operationen Nord-Koreas in der entmilitarisierten Zone jenseits des 38. Breitengrades verletzt worden war.

Voraussetzung für die Einleitung des Friedensprozesses ist denn auch, so hat es Süd-Koreas Präsident Kim Young Sam gestern betont, daß Nord-Korea nach den Worten auch Taten folgen lasse. Gemeint ist damit in erster Linie der Abbau der überdimensionierten nordkoreanischen Armee.

Letztlich haben allerdings beide Seiten kein großes Interesse, die anstehenden Friedensgespräche zu forcieren. Für Nord-Korea geht es vorrangig darum, seine internationale Isolation zu durchbrechen, um Zugang zu Hilfsgütern und Krediten zu bekommen. Diese Rechnung ist vorerst aufgegangen, denn die USA gaben dem Nahrungsmittelkonzern Gargill grünes Licht für den Export von 500.000 Tonnen Nahrungsmitteln für die notleidende nordkoreanische Bevölkerung. Nach mehreren Fehlernten ist die Nahrungsmittelversorgung in Nord-Korea weitgehend zusammengebrochen – für den britischen Economist der eigentliche Grund für die offizielle Entschuldigung Nord-Koreas.

Aber auch Süd-Korea hat es nicht eilig mit der Aufnahme der Verhandlungen zur Wiedervereinigung, denn Seoul befürchtet die wirtschaftlichen Belastungen, die es tragen müßte, um die nordkoreanische Wirtschaft wieder flottzumachen. Knut Henkel

Kommentar Seite 10

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