■ Dänenkönigin Margrethe feiert 25jähriges Thronjubiläum: Die kettenrauchende Rabenmutter
Das schwedische Boulevardblatt Kvällsposten zeigte sich indigniert. Die Königin des Nachbarlandes, Margrethe II. von Dänemark, hatte offenbar immer noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt. Tatsächlich, ein Foto bewies es eindrücklich: Die Monarchin raucht. Und zwar Kette. Angeblich drei Schachteln einer griechischen Sorte täglich. Mit Genuß ohnedies, wie die laszive Haltung ihrer zigarettehaltenden Hand zeigt. Angeblich soll die Königin sogar in einem Heim für Asthmatiker gequalmt haben. Das finden Schweden – die auf ihre aus Deutschland importierte frühere Hosteß, die stets adrette und beflissene Königin Silvia, sich soviel zugute halten – natürlich gar nicht lustig.
Daß aus dieser Empörung auch Neid hervorlugt, wissen die Dänen natürlich genau. Deshalb lieben die Leute zwischen Sonderborg und Skagen, Esbjerg und Bornholm ihre Landesmutter auch so sehr. Eine moderne Frau, die offenbar von den gleichen Sorgen wie sie umgetrieben wird, aber auch eine gekrönte Dame, die auf Distanz hält. Heute feiert sie ihr 25jähriges Thronjubiläum.
Nichts könnte momentan ihre Popularität beschädigen. Als vor Jahren ihr Sohn Frederik in einem Boulevardblatt über seine schwere Kindheit klagte, erklärte Margrethe II. nüchtern und aufrichtig: „Ja, ich mußte mich erst an Kinder gewöhnen. Und ich habe festgestellt, daß kleine Kinder mir nicht soviel sagen. Ich finde es interessanter, wenn man sich mit ihnen vernünftig unterhalten kann.“
Anfang der siebziger Jahre konnte sie sich diese Laxheiten in der öffentlichen Rede nicht erlauben. Einen Tag nachdem ihr Vater Frederik IX. an den Folgen einer schweren Erkältung verschied, wurde Margrethe inthronisiert. Der damalige dänische Ministerpräsident Jens Otto Krag hatte diesen Moment befürchtet: „Der König war ein netter Mensch. Die Treffen mit ihm dauerten nur 20 Minuten. Mit der Königin kann es schwieriger werden. Sie ist politisch gebildet, was nicht unbedingt zu unserem Vorteil ist.“
Seine Ängste vor der an der Sorbonne und in Cambridge Studierten sollten sich bewahrheiten: Die Königin beliebt tatsächlich, hin und wieder politisch deutlich den Danebrog zu zeigen. Im vergangenen Jahr erst hat sie ihre Landsleute davor gewarnt, sich auf das dumpfe, „undänische“ Spiel mit Nationalismus und Gewalt einzulassen – Ausländerfeindlichkeit, erklärte sie, sei ganz unmodern. Dazu paßt, daß sie in erster Linie dafür sorgte, die baltischen Staaten politisch anzuerkennen.
Als Politikerin möchte sie trotzdem nicht gelten. Eher schon als „Königin in einem demokratischen Land“, eine, die keinen Hehl daraus macht, auf Hausarbeit nicht eben versessen zu sein, und sich statt dessen um ihre Eigenarten kümmert. „Ich muß nicht staubsaugen, nicht kochen oder einkaufen. Das erleichtert meine Arbeit ungemein.“ Sie malt – manche sagen: Farbwüsten; sie trinkt gerne Rotwein – manche behaupten: zuviel; sie übersetzte Tolkiens „Herr der Ringe“ ins Dänische – viele meinen: sehr feinfühlig.
Einig sind sich die meisten, daß Margrethe II. eine echte Lady ist. Dänemarks Außenminister Niels Helveg gestand 1993, daß er damals zum Königinnentreuen auf ewig geworden sei. Er war bei ihrem Staatsbesuch im polnischen Gdansk dabei: „Sie war ganz in Weiß und trug ein Mühlrad von einem Hut. Sie war von fähnchenschwenkenden Menschen umgeben. Das einzige, was ich aus der Ferne sehen konnte, war ihr hocherhobenes Haupt mit dem großen Hut. Da dachte ich, ja, so muß meine Königin aussehen.“ Und mit diesem Gefühl darf er sich mit 97 Prozent aller Dänen einig wissen. Jan Feddersen
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